10. Januar 2024 Neuigkeiten, Startseite

Das Gängeviertel im Januar 2024

Triggerwarnung: In dem Text geht es u.a. um Polizeigewalt.


Liebe Freund*innen des Gängeviertels,

 

wenn ihr einen Club betreibt, den man der Subkultur zuschreibt, spürt ihr seit Jahren ein nervöses Pochen, wenn ihr euren Finger an den Hals legt. Dieser Tage wummert die Schlagader dort noch ein wenig stärker als der Bass in euren Räumen. Da hilft auch keine Meditation zum Jahresanfang. Noch immer versuchen wir die Bilder vom Abriss unserer Gängeviertel-Clubfläche im Oberhafen (Moloch 2014–2019, Anderswelt 2019–2020) zu verdauen. Gerade sind wir vom letzten Rave unter der Sternbrücke hervorgeschlüpft. Da flattert schon die nächste Hiobsbotschaft ins Haus, die diesmal das Molotow betrifft – und damit natürlich uns alle:

 

Bereits zum dritten Mal innerhalb von zehn Jahren muss das Molotow den Interessen von Investoren*innen weichen. Dieses Mal verschickt Projektentwickler René Marn die Kündigung, weil er dort ein Lindner Hotel bauen will. Es reicht! Clubs schließen oder müssen auf kleinere Flächen umziehen, Räume verschwinden. Hamburg schmückt sich immer wieder mit einer Subkultur, die gleichzeitig abgeschafft wird. Wo kommen wir demnächst zusammen, um Musik zu hören, zu tanzen, Pläne zu schmieden?

 

Werdet laut! Das im Gängeviertel beheimatete DANS Kollektiv hat es zuletzt am 30. Dezember zusammen mit dem Molotow und dem Clubkombinat in Hamburg vorgemacht und einen Demo-Rave veranstaltet. Viele folgten dem Ruf und machten Clubkultur auf der Straße sichtbar. Um den nächsten Demo-Rave zu finanzieren, findet am 27. Januar in der Fabrique im Gängeviertel eine Clubnacht statt. Ihr seid herzlich eingeladen.

 

Es gibt noch ein Thema, das uns in unseren Träumen verfolgt: Polizeigewalt beim G20-Gipfel in Hamburg und dass es bis heute faktisch keine Konsequenzen für Prügelpolizisten gab, die auf Demonstrierende einschlugen. Ja, so drastisch muss man das sagen. Es gab noch keinen einzigen Prozess gegen beim G20-Gipfel eingesetzte Beamte, dem gegenüber stehen zahlreiche Anklagen gegen Aktivist*innen.

 

Warum wir immer noch oder schon wieder darüber reden? Das Verfahren gegen einen als besonders brutal aufgefallenen Polizisten aus Baden-Württemberg wurde im Dezember 2023 endgültig eingestellt. Er hatte während einer friedlichen Aktion, bei der die Teilnehmer*innen auf der Straße tanzten, einer Aktivistin aus dem Gängeviertel mit seinem Schlagstock das Wadenbein gebrochen. Auch intern bleibt die disziplinarrechtliche Prüfung des Problempolizisten seit Jahren folgenlos. Glückwunsch.

 

Im neuen Jahr startet ein neuer G20-Prozess, mal wieder gegen Demonstrierende. Dann stehen sechs Personen vor Gericht für das Mitlaufen auf einer Demonstration, bei der es zu massiver Polizeigewalt und zahlreichen Verletzten kam. Der sogenannte Rondenbarg-Prozess beginnt am 18. Januar am Landgericht Hamburg und Solidarität ist gefragt. Für den 20. Januar ist eine Demonstration geplant.

 

Anstrengend, dieser Newsletter bisher. Bevor wir zu den guten Nachrichten wechseln, lasst uns tiiiiief einatmen. Und ausatmen. Und … räusper. Deutlich einfallsreicher werdet ihr bei einem neuen Mediationskurs im Bewegungsraum der Fabrique im Gängeviertel angeleitet, bei dem es um einen achtsamen Umgang mit eurem Bewusstsein und eurem Körper geht. Der Kurs findet immer mittwochs statt und ist offen für Leute mit und ohne Vorkenntnisse.

 

Auch wenn die Gegenwart sich als herausfordernde Zeit erweist: Wir freuen uns tatsächlich auf das neue Jahr im Gängeviertel. Unsere Vorfreude gilt etwa einem Neuzugang: RISOFORT, ein Riso-Druckkollektiv, zieht ins Souterrain des frisch sanierten Speckhauses ein und ist ab Mitte Januar ready für verschiedenste Druckaufträge. Es soll dann bald offene Studiotermine geben. „Wir freuen uns über alle, die auch einfach nur mal Hallo sagen kommen, wir werden viel vor Ort sein, werkeln und herumräumen“, so das Team. Also, kommt ran!

 

Auch in unserer Holzwerkstatt, die im Souterrain unseres Hauses mit dem passenden Namen Tischlerei liegt, passiert 2024 einiges. Es wird eine fette Eröffnungsparty geben, nachdem sie nun offiziell Mitglied des Verbunds offener Werkstätten e.V. ist. In Workshops könnt ihr lernen, wie ihr mit dem Werkstoff umgeht – inklusive Einführung in die neuen Maschinen, die der Verein Gängeviertel e.V. mit Unterstützung von Geldern aus dem Verfügungsfonds anschaffen konnte. Durch ein neues FabAccess-System wird der Zugang zur Werkstatt demnächst zudem klug geregelt sein.

 

Eine im weitesten Sinne „neue Maschine“ testet gerade unsere Programmgruppe, die für die vielen (vor allem) musikalischen Veranstaltungen verantwortlich ist: Nach reichlicher Frickelei in den letzten Wochen soll im Januar endlich die neue Musikanlage für den Saal der Fabrique kommen. Neben einem guten Sound für unsere Räume versuchen wir durch bestmögliche Ausrichtung die Nachbarschaft so wenig zu belasten, wie es bei gleichzeitigem Kulturbetrieb nur eben möglich ist.

 

Schaut doch bei unseren Veranstaltungen vorbei und verschafft euch einen eigenen Eindruck. Zum Beispiel am 12. Januar beim fünften Geburtstag von „Step Into Bass“ in unserer Fabrique mit DNB/Dubstep-Sets, die euch nicht stillstehen lassen werden. Am 26. Januar stehen Hamburgs Most Wanted für ein Hiphop-Konzert bei uns auf der Bühne. Details dazu und den vielen anderen Programmpunkten findet ihr über unsere Kanäle.

 

A propos Programm: Am 11. Januar um 18 Uhr findet unser erstes Planungstreffen für den 15. Gängeviertel-Geburtstag im August 2024 im Seminarraum der Fabrique statt. Mach doch mit! Bring dich ein! Wir freuen uns über jede Person, die mitmachen möchte und so das Viertel näher kennenlernt.

 

Ihr seht: Wir brauchen euch. Wir brauchen uns gegenseitig.

 

Kommt in die Gänge!



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