10.957 Days In A Life

21. August 2025 - 30. August 2025
19:00 -22:00 Uhr

10.957 Days In A Life – Till F.E. Haupt

Am 22.08. und den Tagen drumherum, feiert das Gängeviertel zu Recht sein 16 jähriges Bestehen. Vor 30 Jahren am 15.07.1995 begann Till F.E. Haupt sein fotografisches Tagebuch Days In A Life. 

Da die Hälfte dieser Lebenszeit unmittelbar mit dem Gängeviertel verknüpft war, feiert Haupt dieses Jubiläum ab dem 21.06. um19h mit einer großen Einzelausstellung im MOM in der Fabrique im Gängeviertel.

Seit nun mehr dreißig Jahren entstehen jeden Tag zwei Fotos: 

Das Eine zeigt den Real-Life Künstler Till F.E. Haupt… jeden Tag u.a. beim aus dem Hausgehen –  ein übliches Selbstportrait; eine Ganzkörper-Aufnahme per Selbstauslöser. #theoriginalselfie. 

Das zweite Foto ist eine analoge Dauerbelichtung mit einer selbstgebauten Camera Obscura (Lochkamera), die Haupt als Anhänger tagsüber um seinen Hals trägt. Den ganzen Tag sammelt er das Licht in seinem Blickfeld auf einem der 24 Negative des 110er Pocketfilms. Am nächsten Tag, nach einer Belichtungszeit von etwa 24 Stunden, wird der Film händisch zum nächsten Bild gedreht. #technoimpressionismus. 

Seit 1995 sind so 21.914 Fotos entstanden, die Haupt im 10x15cm bzw. 10x13cm Format nach Jahren sortiert in Holzboxen sammelt. 

In der Vergangenheit (z.B. 2005 ACC Baumwollspinnerei Leipzig und K hoch 3 Kampnagel) wurden Blöcke der jeweiligen Jahre (ein Monat pro Reihe) an gegenüberliegenden Wänden ausgestellt, so daß eine Passage durch Zeit und Raum entsteht, die sich pro Jahr um zirka vier Meter verlängert. Damit dürfte Days in A Life die umfangreichste und grösste Einzelarbeit der Fotografie darstellen (insgesamt ca. 400qm). Zwischen den beiden täglichen Motiven nimmt der Besucher je nach Hängung nicht nur perspektivisch die Position der verwendeten Kameras ein, sondern bewegt sich zwischen diversen Gegensätzen bzw. künstlerisch tradierten Spannungsfeldern:

lang vs kurz, objekt vs subjekt, 

ungegenständlich vs gegenständlich, 

von mir weg vs auf mich gerichtet, 

bewegt vs stillstehend, 

abstrakt vs konkret, emotional vs visuell, 

zeit vs raum, sammeln vs separieren, 

low tech vs high tech

Lochkamera vs Selbstauslöser 

technoimpressionismus vs  theoriginalselfie

Anlässlich des 30. Jubiläums wird Haupt die Wände verschiedener Kunstorte zum Teil oder vollständig mit den ungegenständlichen Fotos der – jeweils auf eine Fläche gerafften 24 Stunden füllen, während die Momentaufnahmen der Selbstportraits auf einem mannshohen Video-Stele mitten im Raum durch die letzten 30 Jahre fliegen.

  „Ich bin, nicht verstreut, sondern gänzlich versammelt, dort, wo ich mich befinde, an diesem Punkt, der meine Position ausmacht und wo sich, durch meine feste Zugehorigkeit, die Welt lokalisiert.“

Maurice Blanchot

„[…] Wenn Till Haupt sich selbst dokumentiert, so trifft nicht nur der Wittgensteinsche Satz Ich bin meine Welt zu, sondern die besondere Form, in der Fixpunkte und Wege eine gleichermaßen hohe Bedeutung erhalten, legt den Begriff des Nomadischen nahe.

,,Der Aufenthalt ist weder von territorialen Umständen noch von Begriffen wie Zuhause oder Heimat geprägt, sondern von einem Reiseweg bestimmt, dabei keine Besitzansprüche, sondern einen vorübergehenden Aufenthalt bezeichnend. […] Ein Weg liegt immer zwischen zwei Punkten, aber das Dazwischen hat die volle Konsistenz übernommen und besitzt sowohl Selbstständigkeit wie eine eigene Richtung. So haben Nomaden eine Geografie anstelle einer Geschichte.“ Es gibt Orte und es gibt Zeit, aber es gibt keine Geschichte, die rekonstruierbar oder ablesbar wäre.“

Hanne Zech (Neues Kunstmuseum Weserburg Bremen)

www.tillhaupt.de

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