Wir hören und diskutieren das Feature „Der Klub der Widerspruchsuchenden“ von und mit David Kowalski
Warschau Anfang der 60er Jahre. Hier trifft sich jeden Donnerstag eine Gruppe Jugendlicher, um über die Verwirklichung der Versprechen des Sozialismus zu diskutieren. Dadurch stellen sie die polnische Staats- und Parteiführung infrage. Da viele der jungen Oppositionellen aus jüdischen Familien kommen, zeichnet die Parteiführung das Bild einer zionistischen Verschwörung: Die jüdischen Studierende würden im Auftrag Israels die polnische Gesellschaft unterwandern und schwächen wollen. Die Studierenden werden als Teil einer staatlich initiierten antisemitischen Kampagne inhaftiert, von der Universität ausgeschlossen, ihre Familienangehörigen verlieren ihre Arbeit. Menschen jüdischer Herkunft haben in Polen fortan keine Zukunft mehr. Etwa die Hälfte der noch 30.000 in Polen lebenden Jüdinnen und Juden verlassen 1968 aufgrund der antisemitischen Kampagne ihr Herkunftsland.
David Kowalski hat in seinem Buch „Polens letzte Juden. Herkunft und Dissidenz um 1968“ die Verschränkung von Herkunft, kommunistischer Hoffnung und sozialistischen Enttäuschungen in der polnischen Oppositionsbewegung um 1968 untersucht. Damit arbeitet er eine Episode vergessener Zeitgeschichte und auch ein Stück seiner eigenen Familiengeschichte auf.
Gemeinsam wollen wir in der Jupibar das von David Kowalski und Markus Dichman für den WDR produzierte Radiofeature „Der Klub der Widerspruchsuchenden“ hören und mit dem Autor über die damalige und heutige Rolle des Antisemitismus in Polen diskutieren.
Im Rahmen von FreiGänge – eine Veranstaltungsreihe des Gängeviertels
Foto: Jacek Lech