01. Oktober 2012 Neuigkeiten, Startseite

Richtigstellung zur Debatte um die Fabrik im Gängeviertel


Der am 29. September 2012 im Hamburger Abendblatt veröffentlichte Artikel „Sanierung in letzter Minute gesichert“ sowie der in der taz am 01. Oktober 2012 veröffentlichte Artikel „Streit ums Fabrikkonzept“ weisen einige schwere sachliche Fehler auf,  die wir hiermit richtig stellen:

1. Die Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg) ist nicht Eigentümerin des Gängeviertels, sondern Treuhänderin im Sanierungsverfahren. Richtig ist, dass sie dementsprechend die Rolle des Bauherrn übernimmt.

2. Die Aussage „Ohne dieses Geld wäre die Finanzierung (Anmerkung:  EU-Fördermittel) des ersten Bauabschnittes mit der Sanierung der Fabrik in Höhe von 2,7 Millionen Euro nicht möglich gewesen“ ist  falsch.
Der erste Bauabschnitt umfasst auch die zwei Gebäude an der  Caffamacherreihe (Hausnummern 37 und 43). Die Finanzierung dieser  Baumaßnahmen ist unabhängig von der Finanzierung der Fabrik im Zentrum  des Gängeviertels und gesichert. Die Kosten der Sanierung der Fabrik belaufen sich, nach den uns mitgeteilten Kostenplanungen, auf 2,3 Mio. Euro und nicht wie angegeben auf 2,7 Mio. Euro. Der Gängeviertel e.V. beteiligt sich an der Sanierung der Fabrik mit 50.000 Euro.

3. Das Vorgehen der Steg, die EU-Gelder eigenständig kurz vor Fristablauf zu beantragen, sichert lediglich die Sanierung der Fabrik zu einem frühen Zeitpunkt des ca. achtjährigen Sanierungsprozesses. Die Fabrik hätte zu einem späteren Zeitpunkt in die Sanierung gehen können. Die Initiative war und ist sich der Bedeutung der Finanzierungsunterstützung durch die EU in Höhe von 400.000 Euro bewusst und arbeitet an Alternativen für diesen Posten. Der Zustand des Gebäudes ist trotz seiner jahrelangen Vernachlässigung akzeptabel und bedingt keine akut Bau- und Sanierungsmaßnahmen.
Es ist richtig, dass die Initiative „Komm in die Gänge“ für den Betrieb der Fabrik als innerstädtisches Zentrum für Kunst, Kultur, Politik und Soziales zu früheren Zeitpunkten geäußert hat, dass dieser "sich selbst trägt“. Bei der Fortschreibung der Konzeption für die Fabrik wurde aber festgestellt, dass der niederschwellige Anspruch an ein Zentrum für alle Menschen der Stadt so nicht gesichert werden kann. Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Initiative haben ein jährliches Defizit von ca. 250.000 Euro ergeben. Dieses wurde transparent kommuniziert. Da eine institutionelle Förderung seitens der FHH zurzeit nicht zugesagt werden konnte und die Grundkosten nicht abgesenkt wurden, konnte das Konzept durch die Initiative nicht den Förderbedingungen des EFRE (Europäischer Fond für regionale Entwicklung) entsprechend fertig gestellt werden. Dieses Konzept hätte eine Absage der EU-Fördermittel zur Folge gehabt.
Der nun von der Steg eingereichte Antrag ist kein eigener, sondern beinhaltet das Konzept, welches vom Verein Gängeviertel e.V. federführend für die Initiative erarbeitet wurde. Darin wurde die Finanzierungslücke durch eine Änderung unserer voraussichtlichen Betriebszahlen seitens der Steg geschlossen, so dass in der Bilanz nun eine schwarze Null steht. Leider gehen die Neu-Berechnungen der Steg zu Lasten bezahlter Arbeit und fordern die extensive Fortführung des nun schon drei Jahre andauernden ehrenamtlichen Engagements sowie den Geldbeutel der Hamburger Bürger, die nun ohne kommunale Unterstützung deutlich höhere Gebühren und Eintrittsgelder zu zahlen haben.

4. Der Tenor des Artikels stellt heraus, dass die gesamte Sanierung des Gängeviertels durch Herrn Rösner (Steg) gerettet worden sei. Dies ist ebenfalls falsch, da die Finanzierung der Fabrik vor dem Hintergrund  der Entwicklung zu einem  Zentrum für Kunst, Kultur, Politik und Soziales unabhängig von der Finanzierung der umgebenden 11 Häuser aufgestellt wird.
Verzögerungen im Sanierungsprozess sind leider durch den verspäteten Übertrag des Treuhandeigentums Gängeviertel an die Steg, sowie durch die erst im Frühjahr diesen Jahres  abgeschlossenen Verträge mit dem Architekten Joachim Reinig entstanden.

5. Das Konzept sieht nicht vor, dass „Konzerte, Filme, Theater und Fotoausstellungen sowie Workshops die Besucher anlocken“, ebenso ist die Fabrik kein Künstlerhaus vergleichbar mit Frise u.a. (vgl. taz-Artikel vom 01. Oktober2012: "Streit ums Fabrikkonzept") – vielmehr ist angedacht, Bildungsangebote, Arbeits- und Projekträume bereitstellen zu können und zu betreuen , sowie Veranstaltungen in den Bereichen  Theater, Film, Foto, Bewegung und Tanz, bildende Kunst, Musik, Drucktechniken, Politik und Soziales anzubieten. Die Angebote sollen dabei von allen Menschen genutzt werden können -  unabhängig ihrer finanziellen Mittel.
Im benannten taz-Artikel heißt es: „Zum Vergleich: 20 Kunstorte – wie das Künstlerhaus Friese, das Westwerk und das Frappant – bekommen zusammen 140.000 Euro im Jahr.“ Dieser Betrag bezieht sich auf den Etat „Programmförderung für Hamburger Künstlerhäuser und Kunstorte“ der Kulturbehörde, der – wie es noch richtig heißt – 140.000 Euro p.a. beträgt. Die gewünschte Projektförderung des Gängeviertel e.V. bezieht sich auf das Ziel die Fabrik als soziokulturelles Zentrum zu entwickeln und zu betreiben, und somit auf den Etat des Titels "Stadtteilkultur".
Der Gesamtetat der zur institutionellen Förderung für Stadtteilkulturzentren und Geschichtswerkstätten zur Verfügung steht beträgt ca.  4,5 Millionen p.a. (nachzulesen unter www.hamburg.de/contentblob/2696088/data/evaluation-stadtteilkultur-drucksache.pdf).

6. Eine Herabsenkung der kalkulierten Kostenmiete in Höhe von 4,75 Euro/qm um den Betrag der von der FHH erwarteten Bodenwertverzinsung (1,43 Euro/qm) wurde leider nicht erreicht, hätte aber geholfen, die Gesamtkosten zu senken und das Defizit deutlich zu minimieren. Es ist fragwürdig, eine entsprechende Verzinsung vor dem Hintergrund einer soziokulturellen non-profit-Nutzung zu verlangen.

7. Die Initiative wird das Konzept für die Fabrik weiter bearbeiten und alternative Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten entwickeln. Deutlich ist jedoch auch geworden, dass wir hierbei mehr Unterstützung benötigen.
Abschließend bleibt für uns festzustellen, dass die Kommunikation in diesem „kooperativen“ Prozess noch nicht ausreichend hergestellt ist und dass die FHH sowie die Steg sich anscheinend zunehmend auf ein kreativwirtschaftliches Verständnis für die Fabriknutzung zurück ziehen. Damit allerdings wird unser soziokultureller Anspruch, die Fabrik als ein öffentliches Haus für alle HamburgerInnen zu gestalten, vor erschwerte Bedingungen gestellt.


Komm in die Gänge
Gängeviertel, am 01.10.2012



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