– wieder einmal dreht sich alles nur darum. Wieso fragt eigentlich niemand, warum wir auf Efre verzichten wollten? Nein, das war keine Affektentscheidung, denn wir sind ein Kollektiv und bevor wir etwas entscheiden, geht dem stundenlanges Diskutieren und Abwägen in alle Richtungen voraus. Über drei Jahre haben wir für die Idee, die wir vom Gängeviertel haben, alles getan. Ehrenamt ist nur ein Wort, das man schnell überliest und nicht sieht, wie viel harte, unbezahlte Arbeit, wie viel Selbstausbeute und Idealismus darin stecken. Das ist schon lange kein Hobby mehr, davon bekommt man auch Magengeschwüre, Migräne, Allergien, kaputte Rücken und zerfetzte Nerven. Das ist kein Gejammer, das ist Realität.
Nun wird alles so hingedreht, dass wir auf die Efre-Finanzierung verzichten, weil wir der Stadt eins auswischen wollen, weil wir zu dumm sind, ein geeignetes Betriebskonzept auf die Beine zu stellen, weil wir finanzielle Unterstützung von der Stadt wünschen, statt alles weiter auf ehrenamtlicher Basis zu denken.
Unsere Vision von der Fabrik ist die eines offenen, soziokulturellen Zentrums, in dem die unterschiedlichsten Workshops, Kreativräume und Veranstaltungen für schmales Geld angeboten werden, damit sich dort jeder eine Selbstverwirklichung oder einen Besuch leisten kann. Natürlich ginge das auch anders. Klar, wir könnten die Fabrik auch so betreiben, dass wir hohe Eintrittspreise und Teilnahmegebühren verlangen, so dass wir die schwarzen Zahlen schreiben, die die Stadt von uns verlangt – Zahlen, die nötig sind, damit man Efre bekommt.
Mitten im Herzen der Stadt hat die Fabrik das Potential, Gewinn zu erwirtschaften, sie könnte eine Gelddruckfabrik sein. Wir sehen auch das Potential, das in ihr steckt, aber uns geht es nicht um Profit.
Die Efre-Gelder, die nicht zurückgezahlt, aber sehr schnell ausgegeben werden müssen, für die Finanzierung der Fabriksanierung zu nutzen, ist verführerisch. Verdammt, so viel Geld quasi geschenkt zu bekommen klang auch in unseren Ohren erstmal toll. Efre sind aber EU-, also Steuergelder, und sollten nicht unüberlegt ausgegeben werden.
Aber das werden sie nun. Wir hätten einfach mehr Zeit gebraucht um ein funktionierendes Konzept für die Fabrik zu entwickeln. Aber das schnelle Geld hat uns überholt. Es wäre ein Leichtes für uns gewesen, die Zahlen so anzupassen, dass wir Efre beantragen hätten können. Soviel Geld hätte die Fabrik für ihre Sanierung bekommen, soviel schlechte Presse hätten wir vermieden und es wären jetzt nicht wieder sämtliche Behörden sauer auf uns. Aber wir hätten die Idee von dem Gängeviertel verraten, wie wir es für diese Stadt wünschen, wir hätten uns selbst verraten.
Die Sanierung hat noch nicht einmal begonnen und schon hat die steg bewiesen, dass sie nicht an eine Stadtentwicklung von unten glaubt, von den Bürgern, die in ihr leben. Das ist nicht verwunderlich, denn sie hat noch nie ein Stadtteilkulturzentrum entwickelt, sie baut Gründerzentren und die wirtschaften anders.
Und jetzt? Sind wir gezwungen, uns an das kommerzielle Betriebskonzept der steg zu halten oder will die steg die Fabrik nach der Sanierung ohne uns betreiben? Endet dann das Hoffest, welches wir 2009 starteten?
"Wir haben hier ein einzigartiges soziokulturelles Zentrum und einen insgesamt in Deutschland einzigartigen, nicht kommerziellen, künstlerisch-sozial geprägten Ort des lebendigen und vielfältigen Austausches, offen für alle."
sagte Andy Grote bei der 12. Sitzung der Bürgerschaft am 25. August 2011.
Das meinen wir auch und davon brauchen wir noch viel mehr!