Die Bewohner werden mitten in der Nacht von Polizei und Feuerwehr aus Ihren Häusern geholt und zunächst in Bussen, später dann in einer Turnhalle untergebracht. Einige von Ihnen hatten Erschütterungen bemerkt und die Rettungskräfte selbst alarmiert. Wo um Mitternacht nicht mehr geöffnet wird, bricht die Feuerwehr die Tür auf, insgesamt 26 Mal. Das Rote Kreuz versorgt die Menschen und, der Tierschutzverein bietet die Aufnahme von Haustieren an, bis für diese eine Bleibe gefunden wird. Im allgemeinen Chaos müssen Medikamente, Habseligkeiten und Wertgegenstände zurückgelassen werden. Nach der Begutachtung durch einen Statiker am nächsten Tag wird kurzerhand festgestellt, dass es lebensgefährlich ist, die Gebäude wieder zu betreten. Bewohner und Gewerbetreibende der Esso-Häuser am Spielbudenplatz stehen vor dem Nichts.
Was zunächst wie das Szenario einer Naturkatastrophe anmutet, ist das Ergebnis kühl kalkulierter Unternehmenspolitik. Die Bayerische Hausbau, Eigentümerin der Gebäude, spekuliert auf Abriss des Ensembles und auf profitablen Neubau, ohne Rücksicht auf Existenzen und die Gesundheit der Anwohner. Das Vorgehen selbst ist dabei keineswegs neu: Was nicht direkt abgerissen werden kann oder darf, wird gekauft und über Jahre dem Verfall preisgegeben, bis dann schließlich mit großem Bedauern festgestellt werden kann, dass das Gebäude leider nicht mehr zu retten ist. Ein Vorgehen, das im Übrigen auch im Gängeviertel angestrebt wurde und von der Politik meistens mit Abriss- und Neubau-Genehmigungen honoriert wird.
Die Strategie ist so perfide wie riskant. Dass die Spekulation auf Abriss keineswegs ein kalkulierbares Risiko ist, zeigen der Einsturz eines Wohnhauses in der Bernhard-Nocht-Straße im vergangenen Jahr, zu verantworten von den Investoren Köhler & von Bargen, die Übernacht-Räumung der Woltmanstraße 20 im Münzviertel und der Notfallabriss der Turnerstraße 10 durch die stadteigene Saga, beide im Oktober dieses Jahres. All diese Gebäude waren denkmalgeschützt und ihr Abriss umstritten, durch den künstlich herbeigeführten Sanierungsstau wurden hier Sachzwänge geschaffen um Profite zu erhöhen.
Im Gängeviertel hat die Stadt einen Präzedenzfall geschaffen, der zeigt, dass sie keinesfalls gezwungen ist das Spiel der Investoren mitzuspielen. Angesichts der skandalösen Entwicklung um die Esso-Häuser fordern die Bewohner nun völlig zu Recht von der Stadt eine öffentlich-genossenschaftliche Lösung.
Unsere Solidarität und Unterstützung gilt den Anwohnern bei diesem Vorhaben!
Wir fordern eine Lösung unter Einbindung von Anwohnern und Gewerbetreibenden der Esso-Häuser, statt einer Honorierung der Machenschaften der Bayerischen Hausbau! Es kann nicht sein, dass das Kaputtbesitzen von Gebäuden und das Gefährden von Menschen in Hamburg eine legitime Strategie der Profitmaximierung darstellt.
Gängeviertel 15.12.2013