21. August 2015 Neuigkeiten, Startseite, Genossenschaft

6 Jahre Alarm – Widerstand und Selbstbestimmung

Statement zum Geburtstag


In letzter Zeit kann überall in der Stadt mal wieder beobachtet werden: Widerstand lohnt sich! Wenn wir uns umsehen, können wir allein in unserer direkten Nachbarschaft drei Beispiele nennen, wo in diesem Moment Selbstorganisierung und Widerstand den Grundstein für eine lebenswertere Stadt und ein soziales Zusammenleben legen. Im Münzviertel behauptet sich das kollektive Zentrum seit Wochen gegen eine absurde Polizeibelagerung, stellt aber weder sein soziales, noch sein kulturelles Programm ein; in der Schanze erstrahlt die Rote Flora, nach einem beispiellosen Angriff durch Investoren in den letzten Jahren, stärker denn je in neuem Glanz und im Karo-Viertel tun sich hunderte Anwohner zusammen um den Flüchtlingen zu helfen, die in den Messehallen untergebracht sind und verleihen dieser Stadt damit ein wenig Menschlichkeit im Angesicht der humanitären Katastrophe, die sich an den europäischen Außengrenzen abspielt.

 

Auch das letzte Jahr im Gängeviertel hat uns deutlich gezeigt, wie wichtig es ist nicht alles unwidersprochen hinzunehmen, sondern sich einzumischen, dagegenzuhalten und selber zu machen. Wie am letzten Geburtstag schon befürchtet, fuhr die Kooperation mit der Stadt im Februar vor die Wand und wir sahen uns gezwungen die Notbremse zu ziehen. Wir setzten einen Planungsstopp durch, der bis heute gilt, zogen uns aus dem Sanierungsbeirat zurück und starteten mit Hilfe zahlreicher Aktivisten und Kulturschaffenden eine Soli- und Kulturkampagne, die auf die unhaltbare Situation im Viertel aufmerksam macht und unsere Genossenschaft stärkt. Es gelang uns so, einen Prozess zu stoppen, der von der ursprünglichen Vision des Gängeviertels als ein offener Ort für alle wenig übrig gelassen hätte. Unser Widerstand führte dazu, dass sowohl die Gegenwart, als auch die Zukunft des Viertels, mitsamt Sanierungsverfahren und Fördergeldern, Richtlinien und Zwängen wieder auf dem Prüfstand stehen und neu gedacht werden können. Vieles, was in den letzten Jahren schon entschieden und festgefahren war, ist nun wieder völlig offen.

 

Heute freuen wir uns, dass wir immerhin in dem Punkt, bei dem es im Februar zum endgültigen Zerwürfnis gekommen war, einen ersten Erfolg verkünden können. Die Verträge sind unterschriftsreif und die Genossenschaft wird im September mit der Selbstverwaltung der ersten sanierten Häuser beginnen!

 

Bei den anderen Brennpunkten sieht es leider nicht so rosig aus. In weniger als zwei Monaten soll die Fabrique, unser kulturelles und politisches Herzstück, eröffnen. Unser Konzept steht schon seit Jahren und dennoch gibt es bis heute weder finanzielle noch Planungssicherheit. Ein unhaltbarer Zustand. Trotz dieser Unsicherheit arbeiten wir weiterhin mit Hochdruck daran, diesen einzigartigen kulturellen und sozialen Ort für die Menschen dieser Stadt zu öffnen. Dabei ist unsere Forderung der Kampagne „Solidarischen Raumnahme“ klar: „Nebenkosten und sonst nix“. Dennoch werden wir für die Fabrique viel Unterstützung benötigen und eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben rufen.

 

Bei dringenden Fragen um die zukünftige Sanierung und die Eigentumsverhältnisse stehen wir bei den Gesprächen mit den Behörden erst ganz am Anfang. Obwohl wir in der Vergangenheit viele Rückschläge und Schwierigkeiten in der Kooperation bewältigen mussten, werden wir weiterhin versuchen die Stadt nicht aus ihrer Verantwortung zu entlassen und den Spagat zwischen öffentlichem Raum und Selbstbestimmung zu schaffen. Weder wir noch unser Gegenüber wissen momentan, wie die Sanierung weiter gehen wird, aber eines steht fest: Das Gängeviertel bleibt ein Möglichkeitsraum, offen für alle.

 

Dafür werden wir kämpfen, denn wie gesagt: Widerstand lohnt sich!

 

Gängeviertel, August 2015

 

 

 

Gängeviertel Pressekonferenz 21.08.2015



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