Vom 2. bis 13. Juni 2021 zeigt mom art space, Hamburg eine Doppelausstellung der georgischen Künstlerinnen Nata Sopromadze (geb. 1981 in Sochumi) und Salome Tinikashvili, (geb. 2001 in Gori) die in Tiflis leben und arbeiten.
Kuratiert wird die Ausstellung mit dem Titel Lascia ch’io pianga* (Lass mich beweinen) von der, in München lebenden Kunsthistorikerin Tinatin Ghughunishvili-Brück. Aus der Perspektive einer zwischen zwei Ländern und Kulturen lebenden Beobachterin greift die Kuratorin in Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen das Thema der kulturellen Unterschiede des Umgangs mit den Riten, Bräuchen und Symbolen der Sepulkralkultur auf.
Den Eindruck, dass in Deutschland das Thema der Vergänglichkeit beinahe komplett aus dem Alltäglichen getilgt wurde, habe sie schnell nach ihrem Umzug aus Georgien mit Erleichterung feststellen können, schreibt die Kuratorin im Ausstellungsbrief. Müsste sie doch schon als Kind etlichen Beweinungs- und Begräbnisrituale mit Unbehagen beiwohnen.
Im Laufe der Jahre fiel ihr jedoch auf, dass die Anonymität des Todes insbesondere in den nordeuropäischen Ländern eventuell etwas mit der Verdrängung des unausweichlichen Endes zu tun haben könnte. Und diese Verdrängung warf Fragen auf.
Und in Georgien?
Die Ablösung des gescheiterten Sozialismus wurde seit den späten 90er Jahren vom (versuchten) Kapitalismus abgelöst. Auch das leistungsorientierte System änderte allerdings nichts an heidnischchristlich zelebrierten Riten zur Gestaltung der Trauer und des Abschiedes.
Abschiedsrituale und Lamentationen, die tagelang andauern und zu gesellschaftlichen Ereignissen werden können, Totenkult und damit verbundene Inszenierungen der Grabstätten und vieles mehr gehören in Georgien zu wichtigen soziokulturellen Aspekten, in der Frauen traditionell ein wichtige performative Rolle übernehmen.
Warum ist der Umgang mit dem Thema des Todes so grundverschieden? Ist es eine Folge der weitgehenden Säkularisierung in Deutschland und der Stellung der Kirche und des christlichen Glaubens in Georgien? Hat es tatsächlich mit der längeren Tradition des leistungsorientierten Wirtschaftssystems zu tun? Wo liegen die jeweiligen Wurzeln der Ursachen?
Um dieser Frage nachzugehen und hoffentlich ein Dialog zu diesem Thema anzuregen, werden in der Ausstellung die Arbeiten der georgischen Künstlerinnen gezeigt, die sich in ihrem Schaffen mit dem Thema der Vergänglichkeit, geprägt durch ihre kulturellen und individuellen Erfahrungen auseinandersetzen.
Nata Sopromadze wurde 1981 in Sochumi, Georgien geboren. Im Jahr 2000 machte sie ihren Abschluss an der Staatlichen Universität Tiflis mit dem Schwerpunkt Italienische Philologie.
In den Jahren 2000-2006 studierte sie an der Schule für Dokumentarfotografie in Tiflis an der Moskauer Akademie für Fotografie.
Salome Tinikashvili wurde 2001 in Gori, Georgien geboren. Sie studiert freie Kunst an der Visual Arts and Design School (VA[A]DS): in Tiflis, Georgien.
* Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf das wahrscheinlich bekannteste Klagelied in der Musikgeschichte, welche erstmals 1705 bei der Uraufführung von Händels erster Oper Almira, Königin von Castilien im Hamburger Theater am Gänsemarkt erklang.
* Helga Kotthoff, Die Sozio-Logik der rituellen Trauer in Georgien, in: GERMANISTISCHE STUDIEN,
Eine Zeitschrift des Vereins Deutsche Sprache (Georgien) N. 10 Jubiläumsausgabe Herausgegeben von Lali Kezba-Chundadse und Friederike Schmöe, Tbilissi · Dortmund Verlag „Universal“, 2009, S.83-102
Die Ausstellung wird gefördert durch:
Behörde für Kultur und Medien, Hamburg
Verein GÄNGEVIERTEL e.V., Hamburg
Goethe Institut Georgien, Tiflis
TGB ART PROJECTS, München