Er beschäftigt uns schon jetzt mehr, als uns lieb ist: Der G20-Gipfel im Juli dieses Jahres wirft seinen Schatten voraus. Bereits jetzt werden in der ganzen Stadt Polizeipräsenz und Überwachung hochgefahren, in der Presse werden Horrorszenarien verbreitet, möglicher Protest und Widerstand werden einer Vorabkriminalisierung unterzogen.
Im Juli erwartet uns dann der größte Polizeieinsatz in der Geschichte Hamburgs. Große Teile der Stadt werden in eine von Tausenden Polizist*innen bewachte Hochsicherheitszone verwandelt werden. Und dies vor allem in Quartieren, die durch nachbarschaftliches Engagement und kritische Gegenkultur geprägt sind.
Das Gängeviertel ist sowohl durch seine geografische Lage als auch aufgrund seiner politischen Überzeugungen, die zu der Agenda der Mächtigen dieser Welt querstehen, mittendrin im Gipfelgeschehen. Wir wurden nicht gefragt, ob wir dieses Großevent ein paar hundert Meter vor unserer Haustür haben wollten, wie auch der Rest der Hamburger*innen nicht.
Wir sind nicht erfreut darüber, dass Straßensperren, Polizeiaufmarsch und Hubschraubereinsätze unser Leben in einen Ausnahmezustand verwandeln werden, wenn sich Trump, Putin und Erdogan, Merkel und Temer hinter den Absperrungen die Hände schütteln. Dass ausgerechnet sie, die für einen Großteil der Krisen und Kriege dieser Welt mitverantwortlich sind, mit anderen Staatsrepräsentant*innen über Frauenrechte, Klimaschutz und Sicherheit verhandeln wollen, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Nur lacht niemand, im Gegenteil.
Rote, grüne, blaue oder vielleicht demnächst lila Zonen werden errichtet. Dabei sollten diejenigen, die einen G20- Gipfel ausrichten, sich nicht über vielfältige Proteste wundern. Und noch weniger dürfen sie diese behindern oder verbieten!
Wir lassen uns den öffentlichen Raum nicht verbieten.
Wir lassen uns unser Recht auf Stadt nicht nehmen.
Wir werden weiter das sein, wofür das Gängeviertel steht: ein Versammlungsraum für Menschen, die sich nicht in starre Strukturen einpassen lassen, die neue solidarische Lebensformen erproben, die eine Stadt für alle wollen und nicht nur für die Mächtigen und Reichen.
Wir werden auch in diesen Tagen das tun, was wir am besten können: Einladen. Zum Schaffen, zum Träumen, zum Reden. Seit Monaten planen wir, wie wir Gastgebende sein können für die anreisenden Menschen aus aller Welt, die an eine andere Welt glauben und die ihrem Protest auf der Straße Ausdruck verleihen wollen. Gemeinsam mit ihnen nehmen wir diesen kapitalistischen Horrorgipfel zum Anlass, um zu zeigen, dass es Alternativen gibt – und dass wir diese bereits hier und heute leben. Dafür stellen wir unsere Räume, Strukturen und Kräfte zur Verfügung. Unser Fokus liegt dabei auf der Bereitstellung eines Ruheortes und auf Versorgung jeglicher Art. Wir lassen uns nicht provozieren. Das Gängeviertel wird zur Oase.
Wir brauchen den G20-Gipfel und seine Beteiligten so wenig, dass wir unsere Energie nicht mit ihm verschwenden wollen. Die brauchen wir nämlich für die politische, soziale und künstlerische Basisarbeit, der wir tagtäglich mit Leidenschaft nachgehen: indem wir andere Formen des Zusammenlebens ausprobieren, alternativ wirtschaften und Begegnungen ermöglichen.
Das Programm unserer Oase ist im Entstehen. Klar ist, dass wir die lange Woche vom 1. bis 9. Juli da sein werden mit Räumen zum Essen und Trinken, zum Verweilen und Entspannen, zum Verkleiden und Ausprobieren, zum Kraftschöpfen und Sich-Begegnen. Mit Workshops, Schreibstätten und anderen Angeboten, die zur Mitarbeit einladen: von der Dauerkundgebung bis zur Nachttanzdemo; von Ausstellungen und Performances über Theaterstücke und Installationen bis hin zu einem großen Spiel, dessen Feld die ganze Stadt sein wird.
Unsere Gastfreundschaft ist groß, denn wir glauben daran, dass alles allen gehört. Doch der „hohe Besuch“, der diesen Sommer kommt, teilt nichts mit uns und fühlt sich an wie ein Einmarsch. Diktatoren, Könige und andere Arschlöcher brauchen wir hier nicht.
Ihnen haben wir nur eines zu sagen: Alles allen!
www.allesallen.info
www.g20hamburg.org