Zum Jahreswechsel hat man oft das komische Gefühl, dass nun alles anders werden könnte. Neues Jahr, neues Glück. Komisch, aber auch ein bisschen rührend. Tatsächlich ändert sich in so einer Silvesternacht nicht sehr viel: Ein paar neue Gesetze treten in Kraft. Ein paar Gehirnzellen lösen sich in Sekt auf. Vielleicht hat man sich mit jemandem versöhnt oder verstritten. Was aber durchaus Gewicht hat: Veränderungen, die schon eine ganze Weile im Kopf reifen, brauchen manchmal so etwas Albernes wie den Beginn eines neuen Jahren, um zu zünden. Das ist doch eigentlich voll ok – und auch viel feinstaubärmer als Böller.
Im Gängeviertel stehen im Jahr 2023 einige Termine an, die Veränderung bringen. Im Sommer soll die Sanierung des Speckhauses abgeschlossen sein. Das bedeutet: mehr Platz für Genoss*innen zum Wohnen und für Künstler*innen zum Arbeiten. Denn auch nach der Sanierung wird wieder eine Galerie in das Speckhaus ziehen. Ein halbes Jahr lang konnten sich Hamburger Kollektive – oder solche, die es noch werden wollen – auf die Fläche bewerben. Im Oktober stellten sich drei Kandidat*innen in der letzten Auswahlrunde der Vollversammlung vor. Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die Entscheidung fiel auf – Trommelwirbel – GRUPPE MOTTO.
GRUPPE MOTTO ist ein Zusammenschluss von aktuell vier jungen Kunstliebhaber*innnen, die im ersten Jahr ein dutzend Gruppenausstellung mit ebenso vielen Mottos präsentieren werden. Die Kurator*innen freuen sich darauf, ihre spielerischen Annäherungen zu den Themen unserer Tage mit (inter-)nationalen Künstler*innen zu erarbeiten. Darüber hinaus wollen sie den White Cube aufbrechen, indem sie bei jeder Schau ein neues Raumkonzept entwickeln. Die Idee des offenen Raumes wird auch erlebbar, weil zwei weitere Projekte die Räume nutzen werden: das Hallo:Radio und das Reading Shelter – ein Ort für kollektives leises Lesen. Wir freuen uns sehr auf diese Bereicherungen!
Es gibt eine Hamburger Crew, die seit mittlerweile vier Jahren im Gängeviertel für kräftige Waden sorgt: Step Into Bass feiert am 7. Januar Geburtstag auf zwei Floors in der Fabrique im Gängeviertel. Zur Drum-and-Bass-Feier der Stunde werden Live Visuals vorbereitet und die Räume angemessen dekoriert. Das Line-up kann sich sehen lassen – klickt mal rein (Facebook-Veranstaltung). Herzlichen Glückwunsch an die Crew: Schön, dass es euch gibt! Und bis Samstag!
Kennt ihr schon die DANS Kunstbar? Einmal im Monat bietet sie einen Kulturraum zum Ausprobieren. Dafür werden Tische und Stühle zusammengestellt, und an jeder Station liegt verschiedenes Kunstequipment bereit: Drucken, Zeichnen, Tätowieren – immer wieder neue Möglichkeiten! Auf der Bühne steht DJ Equipment bereit für Open Decks. An der Bar gibt es Drinks. Hinter der Kunstbar steht DANS – ein Zusammenschluss verschiedener Kunst- und Kulturschaffer*innen aus Hamburg. Die nächste Kunstbar findet am 19. Januar im Saal der Fabrique statt.
Ende Dezember ist eine Gruppe aus dem Gängeviertel nach München gereist und hat dort beim Forum für Freiräume eine Ausstellungsfläche gestaltet, Vorträge sowie Workshops gehalten, gesiebdruckt und Bingo gespielt. Vor Ort waren viele tolle Inis vertreten, von Haus der Statistik bis zum CCC. Wir bedanken uns sehr für die spannende Woche und hoffen, dass uns Vertreter*innen der Freiräume-Initiative spätestens zum Gängeviertel-Geburtstag ebenfalls besuchen. Insgesamt fühlt es sich einfach gut an, die Verbindung zu Szenen in anderen Städten wieder aufzunehmen und festigen zu können. Der Besuch in München hat uns gezeigt: Unsere Diskussionen und Prozesse, unsere Hürden und Herausforderungen sind sich sehr ähnlich. One struggle - one fight!
Wo wir gerade dabei sind, über den Viertelrand vorbeizuschauen – wie geht es eigentlich anderen Projekten und Bündnissen, die die Stadt zu einer lebenswerteren machen wollen?
- Schlechte Nachrichten beim Li.fa e.V.: Nach langjährigem Ringen um den Erhalt der alten Likörfabrik in Harburg und dem Bestreben ein soziales Projekt dort entstehen zu lassen, hat der Eigentümer kurz vor der Einigung verkündet, eigene Pläne verwirklichen zu wollen.
- Besser läuft es da für die Likedeelerei: Das Syndikat für solidarisches Wohnen hat gerade in Wilhelmsburg sein erstes Haus gekauft, um es an Menschen mit erschwertem Zugang zum Wohnungsmarkt zu vermieten. Für die anstehende Sanierung werden weiterhin Menschen gesucht, die Direktkredite vergeben.
- Hamburg Werbefrei ist seinem Ziel ein Stück nähergekommen: Es sind ausreichend Unterschriften zustande gekommen, um als Volksinitiative zu gelten, die eine Stadt mit weniger Außenwerbung fordert. Die Bürgerschaft muss sich nun zum Werberegulierungsgesetz positionieren. Am 10. Januar schon was vor? Die Volksinitiative stellt sich vor dem Verkehrsausschuss der Bürgerschaft vor. Die Sitzung ist öffentlich.
Wir fühlen mit allen Niederlagen unserer Mitstreiter*innen – und freuen uns über alle Erfolge. Sie zeigen, dass es sich lohnt, Stadt anders machen zu wollen.
One struggle - one fight!
Euer Gängeviertel
Was noch? Kurz und knapp:
Offene Werkstatt: Nachdem es durch Crewschwund im Zuge der Pandemie sehr ruhig um die Farbfabrique wurde, geht’s jetzt mit neuem Schwung ins neue Jahr. Jeden dritten Donnerstag seid ihr zur offenen Werkstatt in der Fabrique im Gängeviertel ab 18 Uhr eingeladen. Weitere Termine, Aktionen, Workshops folgen.
Toy Night – queere Toys: Aus dem Fuck Yeah-Sexshop im Gängeviertel in eure Wohnzimmer – die Crew zeigt euch am 11. Januar ab 19.30 Uhr im Livestream ihre Toys, die vor allem für queere Personen entwickelt wurden. Sie beantworten dabei gerne eure Fragen. Tickets gibt es online.
Beats for Books: Eine unserer Aktivistinnen war vier Monate lang in Uganda und arbeitete im Kultur-Projekt toonda e.V. mit Kindern zusammen, die nach der Corona-Pandemie und Arbeitslosigkeit der Eltern nicht mehr zur Schule gehen können. Um einigen den Schulbesuch zu ermöglichen, kommen befreundete Künstler*innen am 14. Januar ab 20 Uhr in der Fabrique im Gängeviertel zusammen und sammeln Spenden. Line-up: HipHop, Afrobeats, Utropic Sounds.
