Bunt und glitzernd sind wir. Wir lieben die Vielfalt. Farben sind uns wirklich egal, alle Farben sind schön, besonders die vielen Hautfarben, und auch Geschlechter sind uns egal. Egal im Sinne von: Wir sind alle gleich, wir sind wir, wir sind ein vielfältiges Kollektiv, welches nicht nach Geschlecht, Alter, Herkunft oder Sprache schaut. Wir wollen Leben, Arbeit, Kunst und Kultur zusammenbringen, Ausschluss ist bei uns nicht drin. Gerade die Menschen, die wie wir in prekären Verhältnissen leben, viel zu wenig Geld haben und vielleicht auch Schwellenängste, genau diese Menschen laden wir ein, ins Gängeviertel zu kommen.
Weil wir diese Gleichheit in der Vielfalt wollen, dulden wir keinen Rassismus, keine Homo- oder Transphobie, keinen Nationalismus und keine Ausgrenzung. Wir sind erschüttert, dass in unserer direkten Nachbarschaft angeblich besorgte Bürger Versammlungen abhalten, bei denen faschistisches und rassistisches Gedankengut verbreitet wird. Absurderweise fanden diese Versammlungen direkt neben dem Lessing-Denkmal auf dem Gänsemarkt statt, des großen Aufklärers und leidenschaftlichen Verteidigers der Toleranz. Abgeriegelt von Wasserwerfern und Hundertschaften vermummter Polizist*innen.
Ein lächerlicher Haufen mit Deutschlandfahnen und ein Lessing, der das genaue Gegenteil von dem verkörpert, wofür die AfD eintritt. Ein Denkmal, das diese besorgten Bürger*innen nicht zum Denken anregt.
Nun haben sie den Ort gewechselt, erst vorgestern haben sie mit gerade mal 80 Leuten dafür gesorgt, dass der Dammtor-Bahnhof kurzzeitig gesperrt wurde. Es ist nicht nur traurig, es macht wütend, dass diesen abstrusen Positionen so viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wieso berichten alle ausführlich über eine Partei, die eigentlich verboten gehört. Wieso so viel Sendezeit und so viele Zeilen?
Aufmerksamkeit sollte denen geschenkt werden, die eine echte Alternative liefern, den vielen Einrichtungen, Vereinen und Initiativen, die sich um diejenigen kümmern, die hier unter Verfolgung, Gewalt und Ausgrenzung zu leiden haben. Aufmerksamkeit sollte den Rettern geschenkt werden, die mit ihren Schiffen im Mittelmeer Seenotrettung organisieren, die mobile Krankenhäuser in Kriegsgebieten einsetzen, die dringend benötigte Medikamente, Nahrung und Kleidung sammeln und vor Ort helfen und damit Leben retten.
Ja wir sind traurig, wir sind wütend, aber nicht ohnmächtig. Vorgestern waren wir 2.000, die lautstark die Demokratie vertreten haben. Heute sind wir DIE VIELEN, wir können vielleicht keine Leben retten, aber wir können laut sein, laut gegen Nazis und wir können Menschen verbinden.
Ich spreche hier für das Gängeviertel und wir sind uns sicher: Gerade in Zeiten, in denen Rassismus und Diskriminierung im gesellschaftlichen und medialen Mainstream mehr und mehr akzeptiert werden und eine Partei wie die AfD in allen Parlamenten sitzt, sind alternative Orte wie das Gängeviertel wichtiger denn je. Wir engagieren uns für Möglichkeitsräume, in denen ein kollektives Miteinander erprobt und gelebt werden kann, in denen Kunst und Kultur, Politik und kritische Gegenöffentlichkeit einen Platz hat. Genau damit das Feld nicht den reaktionären Entwürfen nationaler Gewalt- und Herrscherfantasien überlassen wird! Dafür kämpfen wir. Dafür setzen wir uns weiter im und als Gängeviertel ein. Ob heute beim Tuntenball, morgen bei der großen Abschlussparty des Festivals „AUFBRUCH IN AFRIKA“ oder Ende November bei der Buchpremiere „Das war der Gipfel. Die Proteste gegen G20 in Hamburg“, die uns vor über einem Jahr schon zusammengeschweißt haben und uns Viele werden ließen.
Wir mischen uns ein! Wir verbinden und solidarisieren uns. So möchte ich zum Schluss nicht Lessing, sondern Friedrich Schiller, dessen Denkmal den Dammtordamm überschaut zitieren:
„Verbunden werden auch die Schwachen mächtig.“
In diesem Sinne lasst uns, die Vielen, noch mehr werden. Lasst uns verbinden, lasst uns alle, die sich schwach fühlen, mitnehmen und stärken und lasst die Liebe die Macht übernehmen.