Ich bin ganz sicher schon einmal hier gewesen

28. February 2021 - 14. March 2021
Raum linksrechts, Valentinskamp 37

Schaufenster-Installation von Carlton Morgan, Gitte Schmitz, Mistress Morganna, Simon Schultz
28.02.21 bis 14.03.2021 in den Fenstern vom Raum linksrechts

Ich bin ganz sicher schon einmal hier gewesen – der Durchgang durch den Nullpunkt, eine vage Erinnerung, ein Ort, den man doch eigentlich kennt. Eine schlechte Kopie, eine Maske, ein Bild in Bewegung. In sechs Videoarbeiten umkreisen die vier Künstler*innen die Wege queerer Identitäten und fragen nach deren aktueller Verortung in digitalen und analogen Räumen.

Factory of Fun – Sexspielzeug im Holodeck. In einer digitalen Rekonstruktion der immersiven Installation „Factory of the Sun“ von Hito Steyerl werden Sextoys und Headlines von Dating-Profilen gezeigt. Im Original sind die Protagonist*innen in einem Videospiel gefangen, ihre Bewegungen werden in künstliches Sonnenlicht umgewandelt. Factory of fun transportiert diesen Raum ins Digitale zurück und verweist mit Sextoys auf eine andere Art des Spiels, aus dem es auch genauso wenig Auswege zu geben scheint. Was begehrt wird ist eine virtuelle Fiktion, der Raum entsteht aus der nicht-Einlösung des Versprechens, als Begehren des Begehrens.

In pink love – blue love, dem ersten erotischen Film von Carlton Morgan, suchen er und seine Protagonist*innen nach der sexuellen Identität und Positionierung zueinander. In der Befragung ihres spirit-self, im Blick hinter die Maske, wird die Frage nach den Schichten der Identität gestellt, die in einem andauernden Entdecken besteht.

I Am Holy Spirit – Als Hohepriesterin der Göttin Gaya sendet Kuku Schrapnell Botschaften an alle Schwulen und das Universum. Im praktischen Instagram-Format dienen die Botschaften der Verbesserung der Welt, in der auch Schwule endlich die wirklich beste Version ihrer selbst performen können – durch Ökosex. Kuku verausgabt sich in Extase und Begeisterung für ihre Botschaft, die Militärzeichensprache Wig Wag gibt den Rahmen vor für Effizienz, Hingabe und Begeisterung.

Anders als die trash-Ästhetik von Gayas Priesterin macht breathing became a hard thing to do die existentiellen Dimensionen des gegenwärtigen politischen Klimas spürbar, in dem Kämpfe um politische Repräsentation sich überschneiden mit dem direkten Zugriff auf das nackte Leben. George Floyds Überlebenskampf und seine Worte „I can’t breathe“ wurden so zum Kristallisationsmoment eines andauernden Krisenzustandes. In der Überlagerung verschiedener Krisenmomente findet sich das Individuum zwischen Aktivismus und Hilflosigkeit in intensiven Erschöpfungsmomenten.

Mask – Mistress Morgana hypnotisiert die Beobachter*innen mit ihrer unhörbaren Botschaft und lockt sie gleich einer Sirene in ihr Medium. Sie spricht aus einem warmen und glänzenden undefinierten digitalen Raum, der durch glitches unterbrochen wird und eine Maske offenbart. Zwischen den Ebenen gibt es keine Hierarchie, verschiedene Schichten der Figur liegen ohne klare Referenz übereinander.

All of them Witches
zeigt die dünne Schicht des Sichtbaren und lässt die Welten dahinter durchscheinen. Die Witches erzählen von radikalem Selbstausdruck und Individualität; und der Macht, die im Wissen um die Masken und dem Blick dahinter liegt. Sie stammen von den radical faeries ab, der ersten gay-spirituelle Bewegung, die es schon seit Ende der 70er Jahre gibt.

 

Carlton Morgan ist Künstler, Performer und Pädagoge aus Virginia Beach, USA. Nach seinem Bachelor in Skulptur und Extended Media an der Virginia Commonwealth University 2014 wurden seine Arbeiten in Berlin, Stuttgart, New York, Washington DC und New Orleans gezeigt. Mit viel Erfahrung im Bereich Bildende Künste und Design war er ab 2016 für Berlitz Deutschland GmbH Programmdirektor für das Bildungsprogramm für Jugendliche in Schleswig-Holstein, Köln und Hessen.

Mistress Morganna ist die Frau hinter dem Mann, Carlton Morgan – eine Hamburger Dragqueen, die sich mit queeren Tarot-Lesungen und witchy vibez einen Namen macht. Sie ist ein visuell-spirituelles Projekt des Künstlers und Protagonistin zahlreicher Videoarbeiten und Performances.

Simon Schultz ist Medienkünstler, das Hauptinteresse seiner Arbeit sind Inszenierungspraktiken queerer Gemeinschaften. Sein kulturwissenschaftliches Studium in Hildesheim und Harvard schloss er mit einer künstlerischen Forschung zur Selbstinzenierung marginalisierter Communities in den USA in Tanz und Film ab. Seine essayistischen und dokumentarischen Kurzfilme wurden international auf Festivals gezeigt, wiederkehrende Themen sind Produktions- und Repräsentationsbedigungen, sowie die Erschöpfung des Individuums. Ebenso kuratiert er seit 2014 partizipative Shows und Kulturformate in Hamburg und Berlin.

Gitte Schmitz ist eine Hamburger Tunte. Seit 2008 bringt sie visionäre Momente auf Bühne und Leinwand. Nach der erfolgreichen Resexualisierung schwuler Feminität widmet sie sich in ihren neusten Filmen der Respritualisierung schwuler Ökonomie.
 
Ausstellungsdaten auf einen Blick:
ICH BIN GANZ SICHER SCHON EINMAL HIER GEWESEN
Installation von Carlton Morgan, Gitte Schmitz, Mistress Morganna, Simon Schultz
Ausstellungsdauer: 28.02.21 bis 14.03.2021
(Am Abend / ab ca. 18 Uhr)

 

Achtung! Aufgrund der Corona-Pandemie hat der Raum linksrechts derzeit geschlossen. Die Installation ist für den Blick von außen durch das Schaufenster konzipiert.

 

Die Ausstellung wird mit freundlicher Unterstützung der Behörde für Kultur und Medien realisiert.
Unterstützt wird die Ausstellung ebenfalls durch den Hilfsfonds „Kultur hält zusammen“ der Dorit & Alexander Otto-Stiftung und der Hamburgischen Kulturstiftung.

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