13. June 2014 Neuigkeiten, Veranstaltungen, Startseite

Gegen die Ausbeutung von gemeinnütziger Arbeit durch das Unternehmen Hamburg

Heute um 11 Uhr startete die Kampagne „Solidarische Raumnahme“ mit einer beeindruckenden Performance an den Magellanterrassen.


Das war nur der Anfang und Auftakt zu einer langen Auseinandersetzung über die Fragen: Wem gehört der Raum? Wer macht Räume für kulturelle Grundversorgung und soziale Begegnungen auf – und wer behindert sie? Warum sollen gemeinwohlorientierte Projekte Miete für gemeinnützige Arbeit zahlen? Weshalb sollten sich Projekte für eine soziale Stadt engagieren und sich dafür auch noch ausbeuten lassen? Warum nicht jetzt alles ändern?!

Wir möchten mit diesem Sondernewsletter auf das heutige Geschehen und die zukünftigen Veranstaltungen hinweisen. Ihr findet alle Informationen unter www.raumnahme.de. Alle beteiligten Gruppen und Initiativen sowie deren Positionen, eine Übersichtskarte, das kommende Programm und viele weitere Informationen sind dort zusammengefasst.

Hier der etwas längere Textbeitrag von uns im Gängeviertel:

„Komm in die Gänge“ lautete unser Motto im Sommer 2009. Mit der kulturellen Besetzung der zwölf historischen Gebäude in der Hamburger Innenstadt wollten wir die Häuser vor Abriss und Verfall bewahren und auf fehlende beziehungsweise unbezahlbare Räume für Kunst und Kultur in Hamburg hinweisen.

Seither hat sich das Gängeviertel als lebendiges Zentrum für Kunst, Kultur, Politik und Soziales etabliert, das allen offen steht. Es wurde von der UNESCO sogar zum Ort kultureller Vielfalt gekürt. Neben Ateliers gibt es viele öffentliche Flächen, die ehrenamtlich betrieben werden: Galerien für junge Kunst, verschiedenste offene Werkstätten für Kunst- und Kulturproduktion sowie diverse Bühnen. Im Jahr finden hier mehr als 300 Konzerte, Lesungen, Filmvorführungen und Diskussionsveranstaltungen statt. Es gilt das Motto „Kultur für alle“ ohne Eintrittsgelder. Ein Großbetrieb der Freiwilligkeit hat sich entwickelt. Für viele von uns bedeutet dies 40 Stunden pro Woche Einsatz. Es wird gebaut, organisiert, verwaltet und viel, viel mehr. Menschen aller Altersgruppen und unterschiedlicher Herkunft finden hier zusammen. Das Gängeviertel ist ein Ort der Kommunikation und der Bildung, der durch seine heterogene Zusammensetzung unzählige Anknüpfungspunkte und Chancen bietet.

Diese Entwicklung und unser Festhalten an unseren Prinzipien hat dem Gängeviertel die anfängliche Aufmerksamkeit erhalten! In öffentlichen Reden von Politikern und auf Podiumsdiskussionen erscheint das Gängeviertel immer wieder als „Best Practice“ Beispiel. Wie diese Praxis aussieht, interessiert die Herrschaften im Rathaus und in den Behörden allerdings weniger: Die Kooperationsvereinbarung mit Behörden und Bezirk von 2011 sollte die Partizipation gewährleisten und den Erhalt der Selbstverwaltung sichern. Doch die Realität ist eine andere. Die gleichzeitige Schließung der „Jupi“ und der „Fabrique“ wurde von Anfang an ausgeschlossen, darauf wird nun keine Rücksicht mehr genommen. Große Teile der Freifläche werden zur Baustelle, für das Gängeviertel als kultureller Ort und als funktionierende Gemeinschaft stellt dies eine Bedrohung dar. Gleichzeitig versuchen die FHH und die Sanierungsträgerin, das Gängeviertel verstärkt auf eine kommerzielle Verwertbarkeit zu trimmen und die bestehende Bottom-Up-Struktur mit einem klassischen Top-Down-Verfahren zu übergehen.

Derzeit laufen Verhandlungen mit der FHH über die zukünftige Miethöhe der Gewerbeflächen, zu denen auch das Herzstück zählt, die „Fabrique“. Dieses Gebäude muss weiterhin als offener, unkommerzieller Raum bestehen. Das Gängeviertel betreibt kein Gewerbe, es erhält Möglichkeitsräume. Hier wird die Arbeit gemacht, die die FHH schon längst nicht mehr leistet. Wir rechnen nicht mehr mit, wie viel Zeit unseres Lebens wir investieren, denn wir machen das gern! Derzeit verlangt die Stadt aber einen Mietpreis und stellt Bedingungen, die uns dies unmöglich machen würden. Das Gängeviertel wendet sich gegen diesen Verwertungsdruck. Es will sein gegebenes Versprechen einhalten: Es will ein Ort bleiben, an dem man sich auf Augenhöhe begegnen kann und an dessen Ausgestaltung alle mitwirken können. Ein Ort, der weiterhin allen offen steht.

Kunst und Kultur sind kein Konsumgut. Politik und Soziales sind keine Prestigeprodukte. Sie sind Lebenselixier und für das Gängeviertel selbstverständlich, und sie brauchen Raum!
Sie brauchen Menschen, die sich die Zeit nehmen diese Räume zu erkämpfen, zu erhalten und zu betreuen. Diese Arbeit darf nicht durch den unkalkulierbaren Verwertungsdruck zunichte gemacht werden. Eine Stadt wie Hamburg sollte sich den Verzicht auf Mieteinnahmen dort leisten können, wo sie die Arbeitskraft und Phantasie vieler Menschen geschenkt bekommt.


Euer junges, kämpferisches Gängeviertel

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