Vor fünf Jahren
2009 sind wir in die Gänge gekommen, um die Häuser vor dem endgültigen Verfall, Abriss und der Verunstaltung durch Investoren zu retten. Sie sollten denkmalgerecht instandgesetzt werden, um einen Ort für Kultur, Politik und Soziales zu schaffen. Genau das wollten die Bürger dieser Stadt, ebenso wie die politischen Entscheider im Jahre 2009. Dafür stand seit 2011 eine Kooperationsvereinbarung der Initiative „Komm in die Gänge“ mit dem Bezirk Mitte, der BSU und der Kulturbehörde. Was für ein Aufschlag, welch ein Potential.
Ein halbes Jahrzehnt später
Unzählige Menschen haben uns in den letzten fünf Jahren hier besucht und die Räume des Viertels genutzt. Tausende Veranstaltungen, so vielfältig wie der Ü-60-Tanzabend Faltenrock, das Kinokabarett, das Zeitzeugen-Café, der linke Jugendkongress, Sketch Corner, Tango- und Yoga-Kurse, Flohmärkte, der Klötzchen-Club für Kinder und das Blurred Edges Festival fanden und finden hier neben vielen anderen Formaten statt. MusikerInnen und KünstlerInnen aus der ganzen Welt geben sich hier die Klinke in die Hand. Der kulturelle Austausch Hamburgs, zuletzt mit Südkorea, Venezuela, Tallin, Kopenhagen, Leipzig und Berlin, wird von hier aus befördert und gelebt. Unzählige Konzerte, Ausstellungen, Lesungen, Vorträge und Rundgänge haben Gäste und Initiatoren aus aller Welt begeistert und zum Nachdenken gebracht.
Nach dieser Zeit, in der wir Kunst und Kultur für alle zugänglich machen konnten, stoßen wir jetzt an Grenzen. Sie werden uns durch vermeintliche Sachzwänge gesetzt – wir sehen hier vor allem mangelnden politischen Willen. Dieser, von uns erschaffene Möglichkeitsraum Gängeviertel kann nur weiter existieren, wenn endlich Planungssicherheit für die Zukunft besteht, verbindliche Zusagen gemacht und konkrete Zahlen vorgelegt werden, die einen unkommerziellen und selbstverwalteten Betrieb auch in zehn Jahren noch möglich machen.
Selbstbestimmte Kulturprojekte sind wichtige Bestandteile jeder stadtpolitischen Entwicklung. Kaum ein politisch Verantwortlicher würde dieser Aussage widersprechen. Hamburg hat die einmalige Möglichkeit als Pionier neben Gewerbe- und Wohnraum eine dritte Kategorie Raum zu schaffen, wir nennen sie mal „Möglichkeitsraum“, der sich nicht an Mietenspiegel und Markt orientiert, sondern mietfrei bereit steht; nur die Nebenkosten sollten getragen werden.
Die letzten Verhandlungen auf Verwaltungsebene waren aus unserer Sicht nicht zielführend. Deshalb sehen wir ein Scheitern der Kooperation. Es stellt sich die Frage, ob der politische Wille bei den Entscheidungsträgern der Stadt noch vorhanden ist, um die grundlegende Idee des Gängeviertels zu verwirklichen. Aus diesem Grund soll es voraussichtlich Ende September ein Gespräch mit den Senatorinnen Kisseler, Blankau, Tschentscher und Bezirksamtsleiter Grote geben, zu dem wir eingeladen haben. Wir freuen uns bereits über erste Zusagen und sind uns sicher, dass es möglich ist, in diesem Gespräch die richtigen Weichen zu stellen, um an die früheren gemeinsamen Erfolge anzuknüpfen:
- Für die Übergabe der Häuser an die Genossenschaft
- Für Konditionen der Möglichkeitsräume, die das Gängeviertelkonzept überhaupt verwirklichen können.
- Für eine Kooperation, die diesen Namen auch verdient!
Sollte das Gespräch scheitern, haben wir auch eigene Lösungswege:
Solidarische Raumnahme!
Stadt selber machen!
Das haben wir bereits, denn vor fünf Jahren hat alles begonnen: Das Gängeviertel, das Netzwerk „Recht auf Stadt“ und viele neue und längst bestehende Initiativen haben einen Grund zu feiern. Wir tun das gerne und laden alle herzlich dazu ein!
Kontakt für Rückfragen:
Christine Ebeling
presse(at)das-gaengeviertel.info