Es ist viel passiert seit dem 22. August 2009. Viel Schönes und Leichtes, und in allem steckt sehr viel Arbeit und Geduld – von der Planung der Besetzung, dem Tag des Hoffests bis zu den Verhandlungen mit der Stadt, die immer noch nicht abgeschlossen sind.
Hier für Euch eine Zeitleiste der Ereignisse.
seit Januar Auf konspirativen Treffen im Keller der "Puppenstube" – genannt "die Zelle" – denken Künstler, Architekten und Stadtplaner über Zwischennutzungen von Leerständen nach. Konzepte für die Zukunft des Gängeviertels entstehen, die Besetzung wird vorbereitet.
18. Juli Soliparty im Waagenbau. Ab jetzt kündigen überall in der Stadt rote Punkte das Hoffest an.
21. August Im Gängeviertel klingelt ein Handy. Die Polizei ist dran: Man habe gehört, das Viertel solle besetzt werden – ob da was dran sei. "Nein, das muss ein Irrtum sein." Im Anschluss wird fieberhaft diskutiert, ob all die Vorbereitungen der letzten Monate nun umsonst seien. Wir entschließen uns, die Aktion trotzdem durchzuziehen.
22. August Wir kommen "in die Gänge", richten in den Häusern Galerien ein und feiern. 3000 Besucher kommen allein an diesem Wochenende.
Das Protokoll des Tages
12 Uhr In allen Höfen angespannte Betriebsamkeit, verschwörerische Blicke. Vielerorts wird gebastelt, gemalt, geschrieben und telefoniert.
13:24 Uhr, Valentinskamp / Ecke Caffamacherreihe: Ein Polizist sperrt die Kreuzung ab, Motorradstaffeln fahren vor. Einige Aktivisten schauen nervös zu. Dann die Erklärung: Vom Gänsemarkt hoch schiebt sich ein Spielmannszug nach dem anderen, eskortiert wird ein Schützenumzug der zum Messegelände abbiegt. Erlöstes Lachen.
15 Uhr Haus für Haus öffnet sich. Alles ist verwandelt – in den jahrelang leeren Räumen stehen nun Bilder, Installationen und Wandgemälde. Verzaubert laufen zunächst nur die Eingeweihten von Raum zu Raum und Haus zu Haus. Musiker beginnen, in den Höfen zu jammen, ein DJ spielt auf der Brache.
15:30 Uhr Als letztes Haus wird die Speckstraße geöffnet – bislang unbekanntes Terrain. Die verantwortlichen Künstler beginnen einen symbolischen Einzug mit ihren Werken, die sie über einen großen Flaschenzug nach innen befördern.
15:33 Uhr Zwei Polizisten schlendern zum Flaschenzug und fordern Verantwortliche. Schnell ist geklärt, dass man den "öffentlichen Wegeraum" nicht einfach voll stellen dürfe – hier müssen schließlich Leute langgehen können. Wie viele das heute noch werden, ist den Polizisten zu diesem Zeitpunkt nicht klar.
17:10 Uhr In allen Höfen und Gebäuden sind inzwischen Hunderte von Besuchern unterwegs. Lachen, Staunen, Musik und Gespräche – die zahlreich geladene Presse hat viel zu dokumentieren.
20:44 Uhr Aus dem angekündigten Hoffest ist innerhalb weniger Stunden eines der größten Kunstfeste Hamburgs geworden. Musik, Performances, Diskussionen und Partys laufen. Bis zum Ende des Wochenendes werden mehr als 3000 Besucher "in die Gänge" kommen – was nicht kommt, ist die gefürchtete Räumung.
23. August Sprinkenhof AG und SAGA schicken Verwalter und Handwerker, um die Häuser zu verschließen. Wir informieren die Medien und rennen zu den Behörden. Die Schließung wird gestoppt.
25. August Beginn der Verhandlungen mit der Stadt.
2. September Das Gängeviertel steht im Mittelpunkt der ersten Sitzung der Bürgerschaft nach der Sommerpause. Der Bezirk Mitte erteilt dem niederländischen Investor Hanzevast die Baugenehmigung.
10. September Die Stadt Leipzig bietet uns Asyl an "für den Fall, dass Personen aus dem Kreis der 'Hausbesetzer' Interesse haben, Leipzig mit seinen Potenzialen kennen zu lernen".
8. Oktober Wir stellen unser Konzept zur Nutzung des Gängeviertels vor. "Die aktuellen Geschehnisse im Gängeviertel sind fast zu schön, um wahr zu sein", schreibt das Abendblatt.
20. Oktober "Hanzevast hat die für den Verkauf des Gängeviertels fällige Rate fristgemäß gezahlt", meldet die Kulturbehörde. Geht die Restsumme ein, kann Hanzevast das Viertel räumen lassen. Senatorin von Welck will "Brücken bauen zwischen Künstlern und Investor".
24. Oktober Hunderte Besucher bilden eine Lichterkette rund um das Viertel. Hanzevast wirft der Stadt fehlende Kooperationsbereitschaft vor. "Wer spielt hier ein böses Spiel?", titelt die Mopo.
26. Oktober Hanzevast zahlt. Wir räumen schweren Herzens die "Fabrik" und die "Druckerei", die nun dem Investor gehören. Dafür erhalten wir drei weitere Gebäude und alle sonstigen begehbaren Obergeschosse.
11. November Die Stadt beginnt, mit dem Investor über einen Rückkauf des Gängeviertels zu verhandeln. Der beharrt weiter auf einer Räumung des Viertels.
25. November Das Oberlandesgericht urteilt: Die Stadt ist nicht gezwungen, zu räumen.
15. Dezember Die Stadt Hamburg kauft das Gängeviertel zurück.
31. Dezember Wir feiern Silvester in der "Fabrik" und der "Druckerei".
Januar Wir verhandeln mit der Stadt über unser städtebauliches Konzept.
März Die Stadt beschließt, das Gängeviertel in städtischem Eigentum zu behalten.
13. März Das Bauprüfamt untersagt wegen hoher Brandschutzauflagen alle Veranstaltungen mit Ausnahme von Kunstausstellungen. Wir schließen aus Protest das ganze Viertel und verlegen alle Veranstaltungen nach draußen.
10. April Wir feiern ein "Zukunftswochenende" und stellen unser Entwicklungskonzept vor. Mehr als 1500 Hamburger kommen uns besuchen.
seit Mai Wir bilden Arbeitsgruppen und verhandeln mit der BSU, dem Bezirk Mitte und der Steg als Berater der Behörde. Wir arbeiten weiter an unserer Vision.
22. August Wir feiern Geburtstag!