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Hamburg Verhandlungen mit Investor

Stadt steht kurz vor Rückkauf des Gängeviertels

Besetzer des Hamburger Gaengeviertels erzielen Teilerfolg Besetzer des Hamburger Gaengeviertels erzielen Teilerfolg
"Sieht doch gut" steht im historischen Gängeviertel auf einem Schild
Quelle: ddp/DDP/Roland Magunia
Die Stadt Hamburg steht kurz vor einer Einigung mit dem niederländischen Investor Hanzevast über den Rückkauf des von Künstlern besetzten Gängeviertels. Zwar sollen die Verträge noch nicht unterschriftsreif sein, eine Einigung über die Zukunft des Quartiers ist aber offenbar zum Greifen nahe.

Die Stadt Hamburg steht kurz vor einer Einigung mit dem niederländischen Investor Hanzevast über den Rückkauf des von Künstlern besetzten Gängeviertels. Dies erfuhr WELT ONLINE aus Senatskreisen. Die Verträge sollen trotz intensiver Verhandlungen aber noch nicht unterschriftsreif sein.

Der GAL-Fraktionschef im Bezirk Mitte, Michael Osterburg, sagte dagegen dem „Hamburger Abendblatt“, die Stadt sei sich mit Hanzevast bereits einig und nannte eine Kaufsumme von zwei Millionen Euro. Offiziell wollte der Senat diese Angaben nicht bestätigen.

Am Mittwochabend demonstrierten in der Innenstadt rund 200 Menschen mit Laternen und Kerzen für eine gerechtere Stadtentwicklung. Zuvor hatten sich mehr als 150 Hamburger Architekten für den Erhalt des Gängeviertels in der Innenstadt stark gemacht.

Der Streit um das Gängeviertel wird immer mehr zu einem Streit über das zukünftige Gesicht Hamburgs. In einem offenen Brief an den Senat fordern 150 Architekten, Ingenieure und Stadtplaner mehr Platz für Kulturschaffende, für Existenzgründer und für ein innovatives Milieu. Der Senat müsse eine dauerhafte Lösung für die Künstler des Gängeviertels finden, heißt es in dem Appell. Außerdem müsse der Denkmalschutz berücksichtigt werden: Hamburg brauche „Erinnerung“.

Der Hamburger Architekt Horst von Bassewitz – zugleich führender Wissenschaftler in der Deutschen Stiftung Denkmalschutz – warf dem Senat gestern Feigheit und Ignoranz vor: „Warum äußert sich niemand zum Vorwurf, Hamburg verscherbele sein Tafelsilber? Wollen wir wirklich die letzten Reste des alten Hamburg, die der Bombenkrieg verschont hat, auch noch zerstören?“ Von Bassewitz, einer der ersten Unterzeichner des Briefes, forderte außerdem, die Finanzbehörde dürfe Flächen nicht mehr nur zum Höchstpreis verkaufen.

In den Augen der Kritiker ist das Gängeviertel nur ein Beispiel für die massive Vertreibung von einkommensschwachen Bewohnern aus Innenstadtlagen. Auch Michel-Hauptpastor Alexander Röder gehört zu den Unterzeichnern des Briefes. Er betonte, nicht nur in der Neustadt zerfielen zurzeit über Jahrhunderte gewachsene soziale Strukturen. Auch in anderen Stadtteilen wie beispielsweise in St.?Pauli und Altona würden die Pastorenkollegen die Verdrängung von Armen beklagen. Man treffe auf zerrüttete Familien, die durch Luxussanierung und Neubau zum Umzug gezwungen werden, so Röder. „Wir stellen uns nicht generell gegen Aufwertung, aber die Stadt darf nicht zum Touristenzoo mit einzelnen schönen Ecken verkommen, sondern muss gegen den zurzeit überall erkennbaren starken sozialen Wandel etwas tun“, forderte Röder.

Unter den Unterzeichnern des Appells ist auch der ehemalige Oberbaudirektor Egbert Kossak, der sich zuletzt in die Debatte um einen Umzug der Universität eingeschaltet hatte. Sein Nachfolger Jörn Walter, quasi Hamburgs oberster Architekt, hat sich in den vergangenen Wochen kaum öffentlich zum Streit um das Gängeviertel geäußert. Als er sich kürzlich für die Künstler starkmachen wollte, soll er laut Medienberichten von Finanzsenator Michael Freytag (CDU) daran gehindert worden sein.

Die Kulturbehörde bestätigte gestern den Eingang des an Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) adressierten Briefes. Zu solchen offenen Briefen nehme man aber grundsätzlich keine Stellung, sagte eine Behördensprecherin.

Am Abend kamen Künstler des Gängeviertels und Bewohner anderer innerer Stadtteile, die sich gegen Aufwertungsprozesse wehren, vor dem Elbphilharmonie-Kulturcafé am Mönckebergbrunnen zu einer Kundgebung zusammen. Sie kritisierten den Senat, der Kultur nur „im Dienste des Standortmarketings“ betrachte. Nach Angaben von Christine Ebeling, Sprecherin der Gängeviertel-Künstler, haben schon etwa 15000 Menschen das Gängeviertel besucht. Viele Gruppen und Schulklassen wollten sich zukünftig vor Ort engagieren, so Ebeling.

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