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Hamburg (Print Vermischtes)

"Ich bin den Künstlern dankbar"

Seit Wochen protestieren namhafte Künstler gegen das in ihren Augen nur am Profit orientierte Stadtmarketing.Nun meldet sich Kultursenatorin Karin von Welck mit einem Gastbeitrag zu WortMit dem Magazin "Unter Geiern" ist den Machern ein echter Coup gelungen.Die Persiflage auf das "Hamburg Magazin" der Hamburg Marketing GmbH ist clever gestaltet und professionell produziert - keine Frage. Und mit d

Seit Wochen protestieren namhafte Künstler gegen das in ihren Augen nur am Profit orientierte Stadtmarketing. Nun meldet sich Kultursenatorin Karin von Welck mit einem Gastbeitrag zu Wort

Mit dem Magazin "Unter Geiern" ist den Machern ein echter Coup gelungen. Die Persiflage auf das "Hamburg Magazin" der Hamburg Marketing GmbH ist clever gestaltet und professionell produziert - keine Frage. Und mit dem Manifest "Not in our Name, Marke Hamburg" hinterfragt auch der Inhalt, kritisch bis polemisch, das Selbstverhältnis von Kulturschaffenden und Stadtstrategen. Hamburger Zeitungen haben das Manifest abgedruckt, Internet und "Zeit"-Feuilleton sorgten für bundesweites Aufsehen. Offensichtlich haben die Autoren einen Nerv getroffen.

Und währenddessen diskutiert ganz Hamburg über Gängeviertel, Frappant und Clubszene. Doch solche Diskussionen gibt es nicht nur in Hamburg. Alle vergleichbaren europäischen Großstädte stehen vor ähnlichen Fragen: Wie gehen wir mit leer stehenden Immobilien in zentraler Lage um? Aber auch: Wie können wir der Kultur die benötigten Freiräume gewähren?

Allerdings scheinen mir in der gegenwärtigen Diskussion einige Dinge miteinander vermengt zu werden, die nicht zusammen gehören, und einige Thesen aufgestellt zu werden, die einfach falsch sind: Was ist Hamburg-Marketing und was will die Stadt damit erreichen? Für die Vermarktung der Hansestadt außerhalb ihrer Grenzen ist der Begriff der "Marke Hamburg" gefunden worden. Diese Markenbildung trägt dazu bei, Hamburgs Attraktivität nach außen zu tragen. Dafür werden sinnvollerweise die Aspekte herausgestellt, die Menschen und Unternehmen jenseits der Stadt interessieren. Das sind Veranstaltungen wie das Reeperbahnfestival, das Hamburg Ballett von John Neumeier oder auch die Elbphilharmonie.

Ich wüsste nicht, warum die Stadt mit diesen Pfunden nicht wuchern sollte. Allerdings sollten die Möglichkeiten und Aufgaben des Stadtmarketings nicht überschätzt werden. Und vor allem: Stadtmarketing wirkt nicht unmittelbar nach innen. Das ist auch nicht sein Zweck. "Marke Hamburg" - das ist nicht mehr als ein Kommunikationsinstrument, aber auch nicht weniger. Und als genau solches halte ich es für sinnvoll und notwendig. Dass Touristen die Hansestadt besuchen, dass sich Unternehmen hier ansiedeln, das ist unser Ziel. Davon profitieren am Ende auch Hamburgs Kultureinrichtungen.

Die Behauptung, dass sich die (Kultur)-Politik in Hamburg an den Kriterien des Stadtmarketings ausrichte, ist schlicht falsch. Der Auftrag von Kultur geht weit über die Anforderungen des Stadtmarketings hinaus. Ein Beispiel: Kinder- und Jugendkultur kommt in keiner Analyse als bedeutender Faktor für die Außenwirkung und Außenwahrnehmung der Freien und Hansestadt Hamburg vor. Erfolgreiche Projekte wie Canto Elementar oder Buchstart "zahlen nicht auf die Marke Hamburg ein". Dennoch leistet Hamburg sich solche Programme und Aktivitäten - nicht fürs Image, sondern weil Kultur von Anfang an einfach unverzichtbar ist!

Und dann gibt es das Projekt Elbphilharmonie, das für die Kulturszene und für Hamburgs Stadtmarketing wichtig ist und das meines Erachtens völlig zu Unrecht im Manifest der Künstler heftig kritisiert wird. Denn die Kritik geht ganz wesentlich an der Idee des Hauses vorbei. Es wäre völlig unsinnig zu bestreiten, dass die Elbphilharmonie bereits jetzt eine besondere Strahlkraft für Hamburg entfaltet hat. Das ist ein erwünschter Effekt.

Allerdings wird häufig übersehen, welche Effekte die Elbphilharmonie darüber hinaus für die Entwicklung der Musikstadt Hamburg hat: Ich beobachte überall im Musikleben der Stadt eine nie gekannte Aufbruchsstimmung. Das heißt: Die Elbphilharmonie belebt die Musikszene in Hamburg schon heute. Und das wird sich ab 2012 noch verstärken, wenn die Elbphilharmonie ihre Tore öffnet - unter anderem auch mit einem sehr ambitionierten musikpädagogischen Angebot.

Ein weiterer Kritikpunkt des Manifests lautet, die Stadt benutze Hamburgs blühende Subkulturszene in ihrer Kommunikationsstrategie. Die Künstler aber unterstütze sie nicht! Beleg dafür seien nicht nur Gängeviertel und Frappant. Diese Aussage ist meines Erachtens etwas zu kurz gegriffen. Immerhin verhandelt der Hamburger Senat seit Beginn der Besetzung des Gängeviertels Ende August intensiv mit den Künstlern und dem Investor des Grundstücks, um den Anliegen der Künstler gerecht zu werden. Beim Beispiel Frappant konkurrieren die Interessen vieler Gewerbetreibender und Anwohner mit denen anderer Anwohner und der ansässigen Künstler. Angesichts der Tatsache, dass der Nutzungsvertrag der Künstler nicht verlängert worden ist, besteht hier kurzfristig Handlungsbedarf. Dessen ist sich auch die Stadt bewusst.

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Das Thema Denkmalschutz, das im Zusammenhang mit dem Gängeviertel intensiv diskutiert wird, ist im Übrigen immer schon ein zentrales Anliegen der Kulturpolitik gewesen. Und jetzt endlich ist Denkmalschutz in der öffentlichen Diskussion. Im Mai haben wir das Denkmalschutzamt unserer Stadt nach langer Vorarbeit personell deutlich besser ausstatten können. Endlich können die Denkmalschützer ihre Aufgaben so erledigen, wie es in einer Metropole wie Hamburg notwendig ist.

Und wie steht es mit der Künstlerförderung? In Hamburg werden Künstler an unterschiedlichen Stellen unterstützt: Wir vergeben Stipendien, wir fördern Ausstellungen und wir haben Künstlerateliers eingerichtet, oft mit Hilfe von privaten Mäzenen. Aber zugegeben: Der große Bedarf konnte bislang nicht gedeckt werden. Auch das zeigt uns die Gängeviertel-Initiative noch einmal sehr deutlich, das dokumentieren auch die Künstler im Frappant an der Großen Bergstraße.

Ich kann nur bekräftigen: Es ist richtig, die Künstler brauchen Raum. Diesen Raum muss Hamburg bieten. Und es ist einfach falsch, wenn behauptet wird, dass es in Hamburg keine Flächen für Künstler gibt, sondern nur in Berlin. Es gibt diese Flächen. Es wird Aufgabe der von uns jetzt neu geschaffenen Kreativagentur sein, die Vergabe dieser Flächen noch weiter zu professionalisieren - und zwar nicht nur für bildende Künstler, sondern natürlich auch für die Musiker und für die Clubszene der Stadt! Dass gerade diese Kreativagentur in dem Manifest "Not in our Name" nun zum Ausweis einer rein unterneh-merischen Logik wird, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Die jetzt entflammte Diskussion um die vermeintliche Instrumentalisierung von Künstlern durch das Stadtmarketing ist vielleicht auch Teil eines Kommunikationsproblems, zumindest aber ein Missverständnis. Ich will nicht verhehlen, dass in den Stadtentwicklungsdebatten der vergangenen Jahre mitunter zu sehr in Marketing-Begriffen gesprochen wurde. Aber das hat sich schon sehr geändert. Mir jedenfalls ist sehr daran gelegen, mit den Initiatoren des Manifests in einen Dialog einzutreten.

Dass Dialoge wertvoll und fruchtbar sein können, dafür steht als jüngster Beleg das Gängeviertel. In der Gemengelage von Denkmalschutz und kultureller Ausstrahlung, Haushaltslage und Stadtentwicklung, ökonomischer Vernunft und ökologischer Verantwortung erarbeiten wir gerade eine Lösung. Dazu hat das Engagement insbesondere der Künstlerinnen und Künstler einen wesentlichen Beitrag geleistet. Momentan diskutiert ganz Hamburg - auch Bürger, Journalisten und Unternehmer, die sich bisher nicht so sehr für Kultur und Stadtentwicklung interessiert haben - wie es weitergehen soll mit dem Gängeviertel und dem Selbstverständnis unserer Stadt.

Natürlich freue ich mich über dieses Engagement. Das Besondere an der momentanen Diskussion ist, dass sie von allen Seiten sehr besonnen geführt wird. Ich bin den Künstlern dankbar, dass sie diese Diskussion angestoßen haben, die die Stadt braucht. Es tut Hamburg gut, wenn sich viele Bürgerinnen und Bürger in die Diskussion um die Zukunft der Stadt einmischen. Die Debatte ist wichtig, und sie ist überfällig.

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