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Hamburg (Print Vermischtes) Analyse

Senatorin auf Tauchstation

Chefreporter WELT AM SONNTAG
Das Gängeviertel konnte sie nicht befrieden, das Fanfest wollte sie aus der City verbannen. Nun brennt es bei der Elbphilharmonie - und Senatorin Karin von Welck duckt sich weg. Das geht nicht lange gut

Karin von Welck folgt womöglich nur einem alten Grundsatz: Wer nichts zu sagen hat, soll schweigen. Diese vermeintliche Gold-Disziplin gilt aber nicht für Politiker, die in Erklärungsnot sind. Und in dieser dürfte sie doch auch in ihrer eigenen Wahrnehmung stecken: Die Elbphilharmonie wird erheblich teurer als gedacht, ihr Bau verzögert sich offenkundig, und die Stadt zahlt die Zeche dafür. In kleinen Zirkeln lässt von Beusts Verantwortliche für Kulturelles ihren Staatsrat die missliche Lage erklären, der plausibel darlegen kann, dass die Stadt völlig unschuldig an der Situation auf der Baustelle ist.

Das ist zum einen falsch, weil es natürlich Beauftragte des Senats waren, die die Verträge mit den Architekten und Hochtief verhandelt haben. Und es war die schwarz-grüne Mehrheit in der Bürgerschaft, die den "Nachtrag 4" für die Elbphilharmonie abgenickt hat, ein millionenschweres Paket, das Hochtief für unvorhersehbare Schwierigkeiten erhalten hat. Mindestens 30 Millionen Euro aus dieser Masse gaben die Politiker dem Konzern noch obendrauf, um sich im Gegenzug "Terminsicherheit" zu kaufen, wie es in der Vorlage heißt. Die erworbene Hoffnung erweist sich spätestens jetzt als naiv.

Zum anderen hätte es dem "Leuchtturmprojekt" gut gestanden, wenn die Senatorin als politisch Verantwortliche persönlich und öffentlich ihre Sicht der Dinge dargelegt hätte. Sie hätte bei der Gelegenheit auch gleich begründen können, warum das Konzerthaus trotz der anscheinend nur schwer zu kalkulierenden Risiken und Kosten trotzdem ein Gewinn für die Hansestadt ist. Daran zweifeln doch zunehmend einige Hamburger.

Keine Frage: Freiwillig hat sich die Senatorin diesen Klotz nicht ans Bein gebunden. CDU-Wirtschaftssenator Axel Gedaschko schob ihr die Kostenbombe zu, die sie nun entschärfen muss. Dafür ist ihre Behörde weder fachlich noch personell gerüstet. Schlechte Voraussetzungen, um eine solche Herausforderung zu meistern. Umso mehr ein Grund, alles rund um den Kaispeicher mit Argusaugen zu verfolgen und laut Alarm zu schlagen, wenn etwas aus dem Ruder läuft.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Senatorin kein Gespür für politische Entwicklungen beweist. Im Gängeviertel beklatschte von Welck zwar die sympathische "Bespielung" des gefährdeten Quartiers und lobte das Engagement der besetzenden Künstler, während sich die holländischen Eigentümer über den täglichen Wertzuwachs ihrer Immobilie freuten. Irgendwann reichte das aber nicht, und die schon lauernde grüne Bausenatorin Anja Hajduk griff nach dem Viertel, das nun in ihrem Hause "bespielt" wird. Sie übernahm die "Federführung", wie die Niederlage von Welcks in einer Pressemitteilung verkauft wurde.

In Wahrheit wurde die Notbremse gezogen, um eine Lösung für das Quartier voranzutreiben. Hajduk hatte begriffen, dass die Politik hier handeln musste. Nun werden Erfolgsmeldungen aus ihrer Behörde kommen.

Als kleiner Fauxpas geht da noch der Schlingerkurs beim Fanfest zur Fußball-WM im Sommer durch. Erst in die Arena verlegt - zu laut, zu teuer auf dem Heiligengeistfeld -, fand sich urplötzlich doch noch ein Sponsor, der es möglich machte, das Public Viewing wieder vom Stadtrand nach St. Pauli zu verlegen. Er wäre wohl auch früher bereit gewesen, mehr zu zahlen. Aber in der Kulturbehörde war das Thema anscheinend nicht wichtig genug. Vom Aufschrei gaben sich dann wieder alle überrascht.

Politiker müssen auch werben, kommunizieren, erklären, diskutieren. Ihre Behörde hat sie im Griff, wie sie Staatsräte loswird, weiß sie. Zwei mussten schon gehen, mit Nikolas Hill hat Ole von Beust nun einen seiner besten Leute aus der Senatskanzlei geschickt. Er soll die miesen Meldungen verkaufen, während seine Chefin Festakte eröffnet.

Es ist von Welck ja nicht anzukreiden, dass sie am vergangenen Sonnabend zur "Realismus"-Ausstellung in der Emder Kunsthalle gesprochen hat. Aber die Realitäten in Hamburg erfordern, dass sie sich den Problemen an der Elbe stellt und sich nicht auf Tauchstation begibt, wenn Hochtief, ReGe und Architekten aufeinander losgehen. Das öffentliche Hauen und Stechen mag zwar unterhaltsam sein, dürfte aber weder zielführend im Hinblick auf die Bewältigung der Mehrkosten noch auf die Einhaltung des Zeitplans sein. Davon hängt aber Wohl und Wehe des Mammut-Vorhabens ab.

Ein paar Gedanken und Vorschläge aus dem Munde der Senatorin - das ist kaum zu viel verlangt angesichts der dramatischen Lage. Wenn sie nichts zu sagen hat, sollte sie allerdings schweigen - und Ole von Beust jemanden finden, der den Hamburgern erklärt, was schiefgegangen ist und wie man es wieder geradebiegt.

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