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Hamburg

Verwirrung ums Gängeviertel

Senat sieht plötzlich keine Beteiligungsrechte mehr für Initiative - CDU und GAL zeigen sich irritiert über Formulierung einer Drucksache - Behörde spricht von Missverständnis

Nach Ansicht der Stadtentwicklungsbehörde müsse man differenzieren zwischen Initiative, Verein und Genossenschaft

Architekt Joachim Reinig verweist auf Wortlaut der Vereinbarung: Initiative soll mitreden dürfen

Die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Senat und den Gängeviertel-Künstlern wurde in den historischen Häusern am Valentinskamp vor einem Monat frenetisch gefeiert - mindestens ebenso ausgelassen wie die Nachricht vom Rückkauf durch die Stadt Ende 2009. Die kreativen Hausbesetzer hatten allen Grund dazu: Schließlich konnten sie ihre Forderungen nach umfangreicher Mitsprache bei der anstehenden Sanierung weitgehend durchsetzen. Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) hatte entsprechend zugegeben, die Stadt sei "über ihren Schatten" gesprungen. Gemeinsam mit den Bewohnern sei ein großer Wurf gelungen.

Umso schwerer wog nun die Irritation über eine aktuelle Drucksache: In der Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Jörg Hamann teilte der Senat kurz und knapp mit: "Ein Mitspracherecht der Initiative ist nicht vereinbart." Eine Aussage, die in den Augen des Politikers klar im Gegensatz zu der nur wenige Wochen alten Vereinbarung steht. "Ich bin sehr irritiert", so Hamann. "Es war jüngst völlig anders vereinbart worden. Die Künstler sollten sehr wohl Mitspracherecht erhalten."

Architekt Joachim Reinig, auf den sich Senat und Künstler zur Sanierungsaufsicht einigten, verwies auf den Vereinbarungs-Text: "Darin ist klar geregelt, dass ein Bauausschuss gegründet wird, in dem die Initiative und die Genossenschaft sitzen. Die Aussage des Senates ist nicht korrekt." Und auch Olaf Duge, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der GAL-Fraktion, sagte: "Die Antwort des Senates finde ich irritierend. Über ihren Architekten sollte die Initiative über die bauliche Gestaltung mitentscheiden dürfen." Wenn das Vertragswerk nun keinen solchen Passus mehr aufweise, widerspräche dies klar dem bisherigen Kurs im Umgang zwischen Senat und Gängeviertel-Initiative. "Ich hoffe sehr, dass sich dieses Missverständnis erklären lässt", so Duge.

Nach jahrelangen Diskussionen um das Gängeviertel legen die Oppositionsfraktionen in der Bürgerschaft mittlerweile jedes Wort auf die Goldwaage. Die Kultur- und die Stadtentwicklungsbehörde (BSU) müssen sich demnach vorwerfen lassen, ungenau geantwortet zu haben, wenn nicht sogar die jüngst geschlossenen Vereinbarungen kurzerhand wieder gebrochen zu haben. Und genau dies wäre ein deutlicher Affront gegen die Künstler, mit denen man sich doch eigentlich gut stellen wollte.

Die BSU bemühte sich am Montag, die Wogen zu glätten. Ein Behördensprecher betonte, es ändere sich nichts an den umfangreichen Rechten, die die Gängeviertel-Künstler und Kreativen während des Sanierungsprozesses erhalten. Bei der Beantwortung der Anfrage habe man vielmehr besonders genau sein wollen: Die Vereinbarung sei nur mit dem Verein "Gängeviertel" sowie mit der Gängeviertel-Genossenschaft geschlossen worden - nicht aber mit der genannten Initiative. Diese Angabe ist sehr spitzfindig: Sowohl Verein als auch Genossenschaft haben ihre Ursprünge in der Initiative "Komm in die Gänge".

Außerdem bestehen personelle Überschneidungen. Christine Ebeling, als Initiativen-Sprecherin seit zwei Jahren bekanntestes Gesicht des Gängeviertels, ist zugleich zweite Vorsitzende des Vereins. Und in der Vereinbarung ist davon die Rede, dass nicht nur Verein und Genossenschaft, sondern auch "Nutzervertreter" eine Baukommission bilden sollen, die bei Planungen zu den einzelnen Sanierungsschritten gehört werden soll. Der Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch (Linke), im Rathaus einer der engsten Vertrauten der Gängeviertel-Kreativen, teilte mit, er hoffe, dass die Formulierung eine reine Formalie sei und die Interessen und die Mitwirkungsmöglichkeiten durch die Genossenschaft vernünftig vertreten würden.

Anlässlich der umstrittenen Drucksache erneuerte der CDU-Politiker Hamann zugleich seine Kritik am möglichen Verkauf der Häuser an die Nutzer. "Der Übertragung von städtischem Eigentum stehen wir grundsätzlich sehr skeptisch gegenüber", sagte er. Der Senat teilte mit: 18 Monate vor Ende des gesamten, voraussichtlich acht Jahre laufenden Sanierungsverfahrens soll über den Verkauf des vollständigen oder zumindest eines Teils des Häuserensembles verhandelt werden. Laut der Vereinbarung darf die Stadt vorher nicht mit anderen Kaufinteressenten verhandeln.

Hamann hält diese Formulierung für zu unpräzise. "Die Stadt spielt gegenüber den Gängeviertel-Nutzern offenbar nicht mit offenen Karten", so Hamann. "Einen Verkauf lehnen wir bekanntlich ab. Aber wenn eine Übertragung wirklich gewollt wäre, hätte man dies schon jetzt fixieren können."

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