Erbbaurechts-Vertrag für 75 Jahre Abgeschlossen: Gängeviertel gehört jetzt Genossen

Und die Sanierungskosten steigen auf mindestens 25 Mio. Euro

Das historische Gängeviertel in der Neustadt entstand um 1840. Das Gebäude "Fabrique" (Mitte) ist neu. Ein Altbau (2.v.li.) an der „Schiers Passage” muss wahrscheinlich abgerissen werden

Das historische Gängeviertel in der Neustadt entstand um 1840. Das Gebäude "Fabrique" (Mitte) ist neu. Ein Altbau (2.v.li.) an der „Schiers Passage” muss wahrscheinlich abgerissen werden

Foto: Markus Scholz / dpa
Von: Von Jörg Köhnemann

Hamburg – So einfach ist es also, in Hamburg an Wohn- und Geschäftsräume in bester City-Lage zu kommen.

Man besetzt ein historisches Gebäude-Ensemble, das der Stadt gehört und lässt den Eigentümer für die Sanierung bluten. Dann zofft man sich mit ihm, wenn nicht alles wunschgemäß läuft – und nach zehn Jahren ist man am Ziel.

Aus Besetzern werden Besitzer.

Dienstag gab die Stadt klein bei und überließ den rund 200 „Künstlern” aus dem Gängeviertel die 13 historischen Gebäude zwischen Caffamacherreihe und Valentinskamp für 75 Jahre in Erbbaurecht.

Bedeutet: Hamburg (also wir alle) zahlt die Sanierung – und die Besetzer haben das Sagen.

Einigten sich über Erbbaurecht für 75 Jahre (v.li.): Till F. E. Haupt (Genossenschaft), Christine Ebeling (Sprecherin), Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD), Kultursenator Carsten Brosda (SPD)

Einigten sich über Erbbaurecht für 75 Jahre (v.li.): Till F. E. Haupt (Genossenschaft), Christine Ebeling (Sprecherin), Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD), Kultursenator Carsten Brosda (SPD)

Foto: Stefan Hesse

Apropos Sanierung: 2011 hatte die Stadtentwicklungsbehörde STEG die Kosten noch mit 20 Millionen Euro veranschlagt, hinzu kamen 10,3 Mio. für den Rückkauf der Stadt vom ursprünglichen Investor.

Aufgrund stark gestiegener Baupreise sollen die Kosten inzwischen jedoch nach BILD-Informationen schon bei 25 Mio. Euro liegen! Während sich vermutlich die meisten Menschen an den Kopf fassen, verkaufen Kultursenator Carsten Brosda (44, SPD) und Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (62, SPD) den Vertrag als Erfolg – die Hafenstraße lässt grüßen...

Jubel auch bei den Genossen. Sprecherin Christine Ebeling (52), die zu den Besetzern der ersten Stunde gehörte: „Unser Ziel war immer, das Viertel selbst zu verwalten.”

Als nächstes muss nun die STEG ein neues Kosten- und Sanierung-Konzept vorlegen und anschließend die Bürgerschaft dem Erbbaurecht zustimmen.

Bei der rot-grünen Mehrheit im Rathaus ein Selbstgänger. Und der Wähler wundert sich.

Einer will auf jeden Fall bleiben: Bewohner und Frisörladen-Betreiber Jan Helmers (68), seit 41 Jahren im Viertel: „Ich gehöre zum Viertel und will hier meinen Laden weiterführen. Aber Genosse werde ich auf keinen Fall!”

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