Gängeviertel: Betreten verboten!

Seitdem das Bezirksamt Mitte zwei zentrale Gebäude gesperrt hat, ist die Atmosphäre zwischen KünstlerInnen und Bezirksamtschef Markus Schreiber angespannt.

No-Go im Gängeviertel: Eine Frage der Sicherheit? Oder der formal korrekt gestellten Anträge? Bild: Klaus Irler

Positiv gestimmt ist der Künstler Christof Klemmt nach wie vor, obwohl sich die Geschichte seiner Ausstellung eher nach einem Schiffbruch anhört. Drei Monate lang hat er die Ausstellung "schaumgebaut" für die Fabrik im Gängeviertel geplant. Ein Tag vor dem Aufbau kam das Bezirksamt Mitte und untersagte die Nutzung der Fabrik. Klemmt bekam daraufhin von der Sprinkenhof AG alternativ ein Ladenlokal in der Steinstraße beim Hauptbahnhof angeboten. "Die waren total nett", sagt Klemmt, allerdings fühlt er sich in der Steinstraße, als wäre er alleine auf einer Insel. "Also schwimme ich immer wieder zurück." Nun hat Klemmt immer noch ein Kunstwerk in der Fabrik stehen.

Es handelt sich um eine "schaumgebaute Stütze". Ganz symbolträchtig, obwohl Klemmt sagt: "Ich bin nicht politisch."

Stützen spielen eine große Rolle bei der Verfügung des Bezirksamtes, die Fabrik und die Druckerei im Gängeviertel zu schließen. Die Bauprüfer bemängelten die statische Tragfähigkeit der Decken, den Zustand der Rettungswege und der elektrischen Leitungen und schlossen mit der Fabrik und der Druckerei jene zwei Gebäude, die für die Künstler vor Ort große Bedeutung haben. Die Fabrik diente bislang als zentraler Ausstellungs- und Veranstaltungsort, die Druckerei als "politisches Herz", wie Gängeviertel-Sprecherin Christine Ebeling sagt. Ohne die beiden Häuser ist die Handlungsfähigkeit der KünstlerInnen deutlich eingeschränkt. Ändern wird sich das erst wieder, wenn die Bauprüfer grünes Licht geben, und das wird um die vier Wochen dauern - je nachdem, wie schnell die Künstler ihre Anträge stellen und die bürokratischen Mühlen mahlen.

Die Zwangspause im Programm ist das eine, das andere ist die atmosphärische Verstimmung, die mit der Verfügung einhergeht. Vergangene Woche warfen die Künstler Bezirksamtschef Markus Schreiber (SPD) vor, einen "politischen Angriff, der sich bürokratisch tarnt" auf das Gängeviertel-Projekt zu unternehmen. Schreiber konterte, die Künstler wüssten "seit über einem halben Jahr, welche Anträge sie zu stellen haben, doch geschehen ist bisher nichts".

Die Künstler verweisen auf Gutachten, die längst erstellt seien und Renovierungen, die längst erledigt wären - Schreiber sagt, ihm liege nichts vor. Offensichtlich trifft eine Künstler-Kultur des unbürokratischen Anpackens auf eine Beamten-Kultur des bürokratischen Insistierens. Wobei auch aus Behördenkreisen zu hören ist, dass das Vorgehen des Bezirksamts Mitte jegliches diplomatische Geschick vermissen ließ.

Schreiber sagt, das Handeln des Bezirksamts richte sich nicht gegen die Künstler, "es geht nur um die Sicherheit". Nach wie vor soll zunächst ein Zwischenstadium erreicht werden, "so dass man Ausstellungen und Diskussionsveranstaltungen machen kann". Im Oktober will die Stadt dann Klarheit haben über den Zustand des Viertels. Ende des Jahres soll das Gängeviertel dann zu einem Sanierungsgebiet erklärt werden, um Fördermittel beim Bund und der EU für die Sanierung beantragen zu können.

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