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Hamburg Gängeviertel

Künstler wehren sich gegen Stadtmarketing

Gaengeviertel zieht um Gaengeviertel zieht um
Künstler tragen ein Gemälde aus der Fabrik im Gängeviertel, die sie auf Wunsch des Investors räumen mussten
Quelle: Roland Magunia/Roland Magunia
Ein Manifest mit dem kämpferischen Titel "Not in our name, Marke Hamburg" haben Künstler wie der Musiker Rocko Schamoni, Schauspieler wie Peter Lohmeyer und Maler wie Daniel Richter am Donnerstag unterzeichnet. Ihr Hauptkritik: Die Stadt werbe mit den Künstlern, verringere aber den Raum für deren Arbeit.

Hamburg ist kreativ, Hamburg ist vielseitig, Hamburg ist einzigartig – der Erfolg des von der städtischen Hamburg Marketing GmbH (HMG) erarbeiteten Images „Pulsierende Metropole“ lässt sich an steigenden Touristenzahlen messen. Doch wie lange hat er Bestand, wenn zwar das Image, nicht aber der beworbene Gegenstand lebt? Diese Frage stellen Musiker wie Rocko Schamoni, Schauspieler wie Peter Lohmeyer und Maler wie Daniel Richter, die ein Manifest unterschrieben. „Not in our name, Marke Hamburg“ – nicht in unserem Namen – lautet der kämpferische Titel.

Hauptkritik: Die Stadt werbe mit den Künstlern, verringere aber den Raum für deren Arbeit. „Liebe Standortpolitiker: Wir weigern uns, über diese Stadt in Marketing-Kategorien zu denken“, heißt es in dem Manifest. Kultur werde zum „Ornament einer Art Turbo-Gentrifizierung“, während eine „geschichts- und kulturlose Investoren-City in Stahl und Beton“ entstehe.

Die Unterzeichner solidarisieren sich ausdrücklich mit aktuellen Protestbewegungen, die an verschiedenen Orten der Stadt gegen Flächenverkauf oder Sanierung von Wohnimmobilien kämpfen und sich im lockeren Verband „Recht auf Stadt“ zusammengefunden haben. Tino Hanekamp, Betreiber des Musikclubs Uebel&Gefährlich, sieht im „Recht auf Stadt“ ein großes Protestpotenzial, das auch auf andere Städte ausstrahlen könnte: „Und wenn der Leidensdruck größer wird, knallt es vielleicht in Hamburg.“ Eine Antwort auf die Frage, welche politischen Forderungen mit dem Schulterschluss verbunden werden, blieben die Künstler weitgehend schuldig.

Rocko Schamoni, Gründer des Pudel-Clubs auf St.?Pauli, flüchtete gestern bei der Vorstellung des Manifests im besetzten Gängeviertel stattdessen in eine Metapher: „Wir Künstler werden vor den Karren gespannt, wenn es um die sogenannte Kreative Stadt geht. Wir sind die Esel, aber der Karren stinkt. Wir haben ihn nicht gebaut.“ Und Peter Lohmeyer meinte: „Erst aus Mischung entsteht Kreativität, doch die Mischung stimmt in vielen Stadtteilen nicht mehr.“ Ehefrau und Köchin Sarah Wiener ergänzte: „Kreativer Raum muss geschützt werden und Regionalität erhalten bleiben. Sonst laufen irgendwann nur noch zwei Filme im Kino, zwei Songs im Radio, und die Menschen essen nur noch Mist bei monopolistischen Fast-Food-Restaurants.“

Eine Sprecherin der Kulturbehörde verwies darauf, dass ungeachtet der Ausgaben für die Elbphilharmonie der Etat um sieben Prozent erhöht wurde – dieses Geld käme insbesondere Clubs und Stadtteilkultur zugute.

Karl-Heinz Blumenberg, Sprecher der HMG, kommentierte die Künstlerkritik: „Was soll denn eigentlich falsch daran sein, wenn man mit der kreativen Szene Werbung macht? Es gibt sie ja – sollen wir denn das Thema verschweigen?“ Das Manifest ist in einem 24-seitigen Magazin abgedruckt, das sich exakt am Stil und Design der HMG-Publikation „Hamburg: Das Magazin aus der Metropole“ orientiert, welches vierteljährlich überregionalen Zeitungen beiliegt. Den Inhalt des Plagiats bilden jedoch keine Image-Artikel, sondern betont kritische Stellungnahmen gegenüber der aktuellen Stadtentwicklungspolitik. Das Heft war gestern der HMG noch nicht bekannt. Man werde es nun aber „gelassen“ prüfen, so Blumenberg.

Wer hinter dem äußerst professionell getexteten Heft steht, ist unklar. „Es sind ein paar Medienmacher, deren Name ich nicht nenne“, sagte Christoph Twickel, Journalist und Sprecher der Manifest-Unterzeichner. Unterstützung für das Manifest habe es auch durch große städtische Kulturinstitutionen gegeben, so Twickel. Doch auch deren Namen nannte er nicht.

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