Gängeviertel eröffnet Fabrique: Meilenstein mit Haken

Vor einem Jahr kündigten Gängeviertel-Aktivisten die Zusammenarbeit mit den Behörden auf. Nun eröffnet die Fabrique und der Streit ist beigelegt – zumindest vorerst.

Mit öffentlichen Geldern saniert: Aktivisten des Gängeviertels eröffnen Fabrique. Foto: Georg Wendt

HAMBURG taz | In dieses Haus ist eine ganze Menge Geld geflossen. Das räumt Christine Ebeling ein. Die Sprecherin der Initiative „Komm in die Gänge“ sitzt im obersten Stock des frisch sanierten Fabrikgebäudes im Gängeviertel, mit dem, was sie hier mit dem Architekten Joachim Reinig geschafft haben, ist sie sichtlich zufrieden. Die Sanierung des ersten Bauabschnitts ist geritzt und man will nun zum Feiern übergehen. Am Donnerstag wird die Fabrique als offener Ort für Kunst, Kultur, Politik und Soziales nach 18-monatiger Sanierung wiedereröffnet.

Geld aus öffentlichen Mitteln

Möglich gemacht hat das eine Finanzierung von 2,9 Millionen Euro für das gründerzeitliche Fabrikgebäude. Der Großteil des Geldes stammt aus öffentlichen Mitteln: 1,5 Millionen aus dem Sanierungsfonds “Hamburg 2020“, 400.000 aus EU-Mitteln für regionale Entwicklung und das restliche Geld ist ein Kredit von der Stadtentwicklungsgesellschaft Steg. Weil dieser vom Gängeviertel zurückgezahlt werden muss, liegt die Quadratmetermiete nun bei 2,54 Euro, vorher wurden manche Räume kostenlos genutzt. „Das klingt erstmal wenig“, sagt Ebeling. „Aber insgesamt haben wir eine Mietbelastung, die ein niedrigschwelliges sozio-kulturelles Angebot erschwert.“

200 Künstler besetzten im August 2009 einen Teil der historischen Hamburger Innenstadt, um sie vor dem Abriss zu retten.

Die Stadt kaufte Ende 2009 die Gebäude vom Investor zurück und gab sie in das Treuhandvermögen der Stadtentwicklungsgesellschaft Steg, die mit den Künstlern ein integriertes Entwicklungskonzept erarbeitete.

Die Unesco ernannte das Gängeviertel im Oktober 2012 zum Ort kultureller Vielfalt, da es „Ausdruck eines anderen Verständnisses von Stadtentwicklung und gesellschaftlicher Teilhabe“ sei, so die Begründung der Unesco.

Nach über anderthalb Jahren der Sanierung wird die Fabrique im Gängeviertel heute wiedereröffnet.

Auf rund 1.400 Quadratmetern stehen künftig pro Stockwerk jeweils zwei Einheiten mit 100 bis 130 Quadratmetern zur Verfügung. Für die soll es geförderte, normale und erhöhte Preise geben. Einige Räume wurden auch komplett untervermietet, etwa an den Radiosender FSK. Bei dem Gebäude habe man sich für die Schreibweise Fabrique entschieden, um Verwechslungen mit dem gleichnamigen Konzertraum, der Fabrik in Altona, zu vermeiden.

Zusammenarbeit aufgekündigt

Vor einem Jahr kündigten Vertreter des Gängeviertels mit einem Planungsstopp die Zusammenarbeit mit den Behörden auf. Vorausgegangen war ein Streit über Standards bei der Sanierung. Außerdem war die Stadt zurückhaltend, die Selbstverwaltung an die Genossenschaft zu übergeben.

Heute nennt Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) die Fertigstellung des Gebäudes einen „Meilenstein“: „Die Stadt setzt damit ein Zeichen für den Denkmalschutz und bezahlbaren Raum für die Künste inmitten der Innenstadt.“ Aus Sicht der Initiative gibt es jedoch einen Haken: Lediglich in diesem Jahr ist der Betrieb durch Förderungen verschiedener Behörden gesichert. Aber schon im nächsten Jahr ist wieder ungewiss, woher das Geld kommt. Das ist misslich, weil das Gängeviertel Stellen schaffen will, um endlich wegzukommen von der Ehrenamtlichkeit.

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