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Hamburg Zwei Jahre nach Besetzung

Verhandlungen über Gängeviertel stecken fest

Hamburger Gängeviertel Hamburger Gängeviertel
Das Gängeviertel ist seit 2009 besetzt: Es soll ein lebendiger Treffpunkt für alle sein
Quelle: picture alliance / dpa/dpa/Maurizio Gambarini
Die Gespräche zwischen der Stadtentwicklung und den Künstlern des besetzten Gängeviertels liegen brach. Die Kernproblematik scheint nicht lösbar zu sein.

Die Stadtentwicklungsbehörde will die Kontrolle über die Häuser im Gängeviertel behalten, doch die Künstler fordern Selbstverwaltung. Die Gespäche zwischen den Parteien laufen seit Monaten nicht gut.

Riesige Töpfe hängen von der Decke, wer will, kocht etwas, zum legendären Donnerstagsessen versammeln sich regelmäßig Künstler, Kreative und Köche. Mittendrin Hendrik, der Chefkoch. Er gilt als Retter der Bewegung: Hätte er im August 2009 die Besetzer nicht regelmäßig an den Esstisch zitiert – sie wären, berauscht von der eigenen Aktion, wohl unbemerkt verhungert.

Es wurden 20, 30, 40 und nachher 60 Leute. Und noch mehr. Etwa 120 Aktive zählt der Gängeviertel-Verein nach Angaben von Vorstandsmitglied Christine Ebeling zurzeit. In ihren Ateliers und Arbeitsräumen haben sie Fenster ausgebessert, Strom gelegt. In Zusammenarbeit mit der Stadt sorgten sie für die Notsicherung der maroden Häuser, Dachstühle wurden ausgebessert, Wände mit Notankern gesichert. "Zwei Jahre steckten wir Herzblut hinein", resümiert Architekt Heiko Donsbach. "Jetzt wünschen wir uns Sicherheit für 20 Jahre."

In den 16 Monate währenden Verhandlungen zwischen der Stadt und den Künstlern geht um eine Kernfrage: Wie viel Selbstverwaltung kann ihnen zugestanden werden? Und damit verbunden: Soll erst saniert und dann verwaltet werden? Oder können die Künstler sofort mitplanen und Eigentum übernehmen?

Diese bestehen auf ihrer Maximalforderung und wollen mithilfe einer Genossenschaft so viele Räume wie möglich selbst verwalten. Sie sagen: Die Stadt kann froh sein, dass hier in absolut zentraler Lage ein kreatives Herz schlägt, das Besucher aus ganz Europa anzieht. Das sei Stadtentwicklung von unten, im Einklang mit den Bürgern, so wie sie eigentlich zu sein hat.

Wer will, kann mitmachen, Genossenschaftsanteile sind für 500 Euro käuflich zu erwerben. Auf der anderen Seite die Stadt, die sagt: Künstler und Wohnungen gern, aber die Häuser bleiben öffentliches Eigentum, wir wollen die Kontrolle behalten.

Nach Informationen der "Welt Kompakt" sind die Gespräche seit Monaten festgefahren, in der Stadtentwicklungsbehörde heißt es resigniert, man sei dem Verein schon so weit entgegengekommen. Und schließlich gehörten die Häuser immer noch der Stadt.

Nachdem man sich im Frühjahr 2010 auf eine Zusammenarbeit geeinigt hatte, sollte Ende des Jahres ein Vertrag vorliegen. Der Regierungswechsel machte die Verhandlungen nicht leichter, man peilte Juni an, dann August, jetzt steht selbst eine Einigung zum Besetzungsjubiläum in den Sternen.

Wer den Symbolwert des Gängeviertels verstehen will, muss nur zwei Schritte aus der Küchentür hinaustreten: linkerhand die Hochhäuser des Brahmsquartiers, rechts das Emporio-Wohnhaus, das im November eröffnet werden soll.

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Das Gängeviertel ist ein altes Stück Hamburg. "Nur wer die Historie kennt, kann sich Gedanken über die Zukunft machen", sagt Timm Lotz, der alte Fotos und Zeitzeugenberichte zusammenträgt und geschichtliche Diskussionsrunden leitet.

Rund 1000 Veranstaltungen fanden in den vergangenen zwei Jahren statt. Am letzten Augustwochenende erhöht sich die Zahl schlagartig: Anlässlich des zweiten Besetzungsjubiläums am 22. August wird musiziert, ausgestellt, gelesen, gespielt und gegessen.

"3000 Gäste könnten es werden", meint Ebeling. Es wird schwer für die Stadt: Das bunte Leben im Stile der 70er – nur Übernachten ist tabu – ist so eingespielt, dass alle Beteiligten das Gängeviertel längst als ihr eigenes betrachten.

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